Wieder Abendspiel bei Flutlicht, wieder gegen einen Gegner, der sich nach Bundesliga anfühlt. Doch es handelt sich nicht um einen besonderen Abend, sondern um den harten Ligalltag. Die Realität holt den VfL wieder ein, wenn es am Montag Abend zum Spiel gegen den 1.FC Nürnberg kommt. In der Liga ist man inzwischen schon vier Punkte hinter dem rettenden Ufer. So langsam muss gepunktet werden.
Traditionsreiches Duell
Auch wenn es inzwischen das neunte Zweitliga-Duell in Folge ist, von den insgesamt 50 Spielen der beiden Vereine gegeneinander wurden 38 in der Bundesliga gespielt. In der Bilanz ist der VfL deutlich vorne, bei der aktuellen Tabellenkonstellation aber sicher nicht der Favorit gegen den Bundesliga-Absteiger. In der letzten gemeinsamen Zweitligasaison 2017/18 gab es eine Niederlage in Nürnberg und ein torloses Unentschieden in Bochum. Ein erneutes Unentschieden würde den VfL jedoch nicht weiterbringen, so langsam muss zuhause ein Sieg her. Aber auch Nürnberg wird mit seinem Saisonstart mit jeweils drei Siegen und Niederlagen bei fünf Unentschieden nicht zufrieden sein.
Vom aktuellen Personal beider Teams hat lediglich Danny Blum eine Vergangenheit beim anderen Club.
Er spielte von 2014-2016 zwei Zweitligajahre beim Club, bevor es ihn zur Eintracht aus Frankfurt zog, die pikanterweise kurz zuvor noch in der Relegation gegen Nürnberg gewann. In der Vergangenheit hat es jedoch bereits mehr Austausch zwischen den Vereinen gegeben. Die ehemaligen Nürnberger Trainer Gertjan Verbeek und Hermann Gerland sind in Bochum bestens bekannt. Auch Michael Oenning ist in Bochum kein Unbekannter und hat nach seinem Amtsantritt bei den Franken den heutigen Nationalspieler Ilkay Gündogan nach Nürnberg lotsen können, nachdem dieser in Bochum unter Koller nicht die Wertschätzung erfuhr, die ihn zum bleiben bewegen konnte.
Nicht der einzige Jugendspieler, der zu dieser Zeit den Weg an die Noris suchte, aber der mit großem Abstand erfolgreichste. Von Jugendspielern ab hielt sich der Austausch der Vereine aber in Grenzen, schmerzlich war nur der ablösefreie Verlust von Zwetschge Misimovic an den FCN. Die direkten Wechsel von Nürnberg nach Bochum waren auch ziemlich enttäuschend. Vor allem Frank Türr, damals als ein Teil des „besten Jungstürmer-Duos in Deutschland“ von Holger Osieck angekündigt, wurde für VfL-Verhältnisse gut bezahlt, konnte dies jedoch nie zurückzahlen. Er wurde beim VfL nie ein Leistungsträger und als in seinem zweiten Jahr der bittere erste Abstieg folgte, verließ er den VfL zur Winterpause bereits wieder.
Nürnbergs Umbruch nach dem Abstieg
Vor der Saison gab es beim „Club“ nach dem Abstieg drei maßgebliche Abgänge: für Löwen (Hertha), Ewerthon und Leibold (beide HSV) wurde gut Geld in die Kasse gespült. Viele der davon erworbenen Neuzugänge konnten sich direkt behaupten und sind als Stammspieler zu zählen: Dovedan, der vom Liga-Konkurrenten Heidenheim geholt wurde, Hack (Hoffenheim), Geis (Köln) oder auch Sorg (Hannover) sind hier zu nennen.
Im Tor hat Nürnberg momentan einen Engpass, nachdem sich Stammkeeper Mathenia einen Kniescheibenbruch bei einem Zusammenprall zuzog. Wobei in der Liga die Nummer zwei, Neuzugang Lukse, zum Einsatz kam, wurde Patric Klandt im Pokal Spielpraxis gegeben. Dieser riss sich in seinem ersten Pflichtspiel für die erste Mannschaft jedoch unglücklicherweise die Achillessehne, so dass Enrico Valentini für die letzten Minuten der Verlängerung und das Elfmeterschießen ins Tor musste, da Nürnberg bereits vier mal gewechselt hatte. Neben den beiden Genannten, laboriert auch noch Nachwuchskeeper Wendlinger an einer Schambeinentzündung. Auch die Offensive ist vom Verletzungspech gebeutelt: Misidjan, Zrelak und Schleusener fallen bereits seit Saisonbeginn aus.
BO-bachtet – Das letzte Spiel des Gegners
In der Liga gab es für Nürnberg zuletzt zwei bochumeske Spiele. Zuerst verlor man in Aue durch ein Tor in der vierten Minute der Nachspielzeit, wobei anschließend sogar noch ein Elfmeter vergeben wurde (nicht bochumesk). Anschließend gab es ein Unentschieden gegen Regensburg. Wieder war die vierte Minute der Nachspielzeit der Zeitpunkt für den späten Gegentreffer. Im Pokalspiel ist der FCN wie der VfL ausgeschieden. Es gab eine Niederlage im (bereits erwähnten) Elfmeterschießen in Kaiserslautern. Wir wollen etwas näher auf das letzte Ligaspiel gegen Regensburg schauen.
In der 23. Minute erzielten die Franken eigentlich ein reguläres Tor zum 1:0, das jedoch aufgrund eines vorzeitigen Abseitspfiffs nicht gegeben werden konnte. Bei diesem vermeintlichen Treffer von Dovedan zeigte das Team von Trainer Canadi direkt zwei seiner Stärken. Geis kann aus dem Aufbau präzise lange Bälle spielen, welche die Stürmer mit guten Laufwegen in die Tiefe immer wieder einfordern. In diesem Fall startete Dovedan von der Rechtsaußenposition diagonal in die Tiefe.
Der Führungstreffer fiel dann in der 38. Minute nach einem Freistoß von Geis am rechten Strafraumeck. Behrens verschaffte sich auf robuste, aber grad noch regelkonforme Weise den nötigen Platz und köpfte am langen Eck ein. Standardsituationen werden auch von der Statistikseite Whoscored als die größte Waffe der Nürnberger angegeben. Neben den langen Bällen und Standards von Geis sind auch die Läufe von Linksverteidiger Valentini eine Waffe. Dieser sprintete gegen Regensburg immer wieder mit gutem Timing in die Tiefe und agierte dabei sehr tororientiert. Die rechte Seite des VfL muss hier sehr gut zusammenarbeiten, um den Offensivdrang des Linksverteidigers im Zaum zu halten.
Der späte Gegentreffer fiel nach einem Ecken-Doppelpack, bei dem Jahn-Torhüter Meyer zusätzliche Präsenz in den Strafraum brachte. Erst erzwang er mit einem Heber aus dem Rückraum die Parade, die zur zweiten Ecke führte. Dann bereitete er den Ausgleich von Schneider per Kopfballverlängerung vor. Hoffen wir mal, dass wir am Montag nicht auf die Strafraumpräsenz von Manuel Riemann angewiesen sind. Laut Whoscored sind auch Schnellangriffe durchs Zentrum mit Steckpässen auf einlaufende Spieler ein adäquates Mittel, um den Nürnberger weh zu tun.
Die Lage beim VfL – Schwung mitnehmen oder nur ein laues Lüftchen?
Der VfL zeigte sich im Pokal von einer völlig anderen Seite als noch beim Spiel in Kiel. Von der ersten Minute wach, jeder kämpfte mit großer Leidenschaft für sich und seine Mitspieler. Wenn man diese Mannschaft gesehen hat, fragte man sich, was sie in der Liga so weit unten zu suchen hat. Und genau das ist auch das Problem. Viel zu selten wurden diese Tugenden in der Liga abgerufen, auch wenn am Ende vom nackten Ergebnis wieder in den Schlussminuten gedrehtes Spiel steht. Es war immerhin der FC Bayern (die Diskussion, ob die Bayern diese Saison wirklich DIE Bayern sind, kann gerne wo anders geführt werden).
Ob die Aufstellung im Pokal als Zeichen für Montag dienen kann ist fraglich. Tesche kam überraschend zum Einsatz und überzeugte. Gegen Nürnberg dürften aber andere Qualitäten gefordert sein als seine hauptsächlich defensiv angelegte Spielweise im Pokalspiel. Auch der länger nicht zum Einsatz gekommene Bella-Kotchap feierte ein Comeback in der Innenverteidigung. Er hat zwar nicht alles richtig gemacht und am Ende nach eigenem Stolperer noch eine rote Karte gesehen, als er den Konter nach seinem Stockfehler mit der Hand stoppte. Wie er sich aber gegen die Top-Stars der Münchener vorher geschlagen hatte, war aller Ehren wert. Hoffentlich hat er den Denkzettel der vorherigen Pause verstanden. Vom Talent her muss er eigentlich Stammspieler sein. Außerdem passt er mit seiner Wucht und Dynamik besser zu Decarli oder Lorenz als die beiden zueinander.
Schwierig wird die Aufgabe, den gelbgesperrten Top-Torjäger Ganvoula zu ersetzen. Hier bieten sich Zoller und Wintzheimer an. Letzterer ist mit Ausnahme seines Debüts bislang noch nicht in Bochum angekommen. Er wirkt wie ein Fremdkörper und zeigt auch bei den einfachsten Dingen wie Ballmitnahmen Probleme. Daher würde ich eher auf Zoller setzen, auch wenn dieser ebenfalls noch keine richtig gute Zeit in Bochum hatte.
Fazit
Nach dem begeisternden Spiel gegen die Bayern hat man die Chance, die Fans wieder mitzunehmen. Dazu muss aber endlich der Heimsieg her. Um auf den Titel zu kommen: mir wäre es ganz recht, wenn Nürnberg mindestens „Drei im Weggla“ kassieren würde und man damit relativ gut durch käme. Außer der ein oder anderen Currywurst auf den Rippen sollen die Nürnberger nichts mit nach Hause nehmen dürfen.
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