„Feuer mit Feuer bekämpfen“ – Einsachtvieracht im Gespräch mit Paderball

Bald läuft der VfL wieder in die Benteler-Arena ein. Foto: Tim Kramer (Tremark Fotografie)

Heute spielt unser VfL beim SC Paderborn. Wir wollen uns den Verein aus Ostwestfalen mit all seinen Eigenheiten mal etwas genauer anschauen. Dafür haben wir uns mit Jan-Gabriel Hartel vom Taktikblog „Paderball“ unterhalten. Ein Gespräch zwischen Fußballbloggern.

einsachtvieracht: In der abgelaufenen Drittliga Saison war Paderborn die dominierende Mannschaft und erspielte sich einen großen Abstand auf die Nichtaufstiegsplätze. Im bisherigen Saisonverlauf spielte das Team alle möglichen Szenarien (Sieg, Unentschieden, Niederlage) bereits durch. Ist die Fanseele in Paderborn damit zufrieden?

Jan-Gabriel: Die Bandbreite an Ergebnissen lädt eine ebenso große Vielfalt an Sichtweisen ein. Vom typisch ostwestfälischen Granteln bis zur völliger Zufriedenheit ist alles dabei, auch wenn sich natürlich jeder drei Siege gewünscht hätte. In genauerer Betrachtung der bisherigen Saison bin in ich persönlich recht zufrieden. Die Auftaktniederlage schmerzte zwar, fand aber auch gegen Dirk Schusters Darmstadt, eine im negativsten Sinne des Wortes einzigartige Mannschaft, statt. Der Sieg gegen Regensburg, die gewonnene erste Pokalrunde, sowie die in Unterzahl stattgefundene Aufholjagd in Fürth sind drei super Ergebnisse.

Kevin Stöger konnte in Bochum auf eine weit weniger erfolgreiche Zeit beim SCP zurückblicken. Foto: Tim Kramer (Tremark Fotografie)

Einsachtvieracht: Nachdem man in früheren Tagen teure Transfers, wie Kevin Stöger oder Dominik Wydra, tätigte, ist man jüngst zu dem Konzept „Spieler aus der Region“ übergegangen. Wie sieht der zukünftige Weg auf dem Transfermarkt aus?

Jan-Gabriel: Teure Transfers waren eigentlich nie der Weg des Vereins. Bis zum Bundesligaaufstieg hat der SCP immer in günstige, vielversprechende Spieler und auch Trainer aus den Amateurligen investiert. Nach dem Bundesligaaufstieg schien man diese Strategie gegen Größenwahn getauscht zu haben und schmiss Unsummen für Spieler und Trainer heraus, ohne dabei auch nur den Ansatz eines sportlichen Konzepts zu haben. Seit Markus Krösche den Verein als Sportdirektor übernommen hat, wurde ein Konzept offensiver Spielweise und Dominanz entwickelt und als Grundlage für die Transfertätigkeiten genutzt. Gleichzeitig ist man sich der finanziellen Rahmenbedingungen bewusst geworden und versucht, so wirtschaftlich wie möglich zu arbeiten. Anzeichen für diese Herangehensweise sind acht ablösefreie Neuverpflichtungen zu dieser Saison sowie der verhältnismäßig günstige Transfer von Marlon Ritter. Markus Krösche weist jederzeit darauf hin, dass Abgänge in dieser Strategie einkalkuliert sind und alle Spieler zu ersetzen sind, wonach gute Angebote, wie in dieser Saison für Robin Krauße, angenommen werden.

Einsachtvieracht: Mich würde eine Einschätzung des VfL Bochum deinerseits freuen, um mal eine außenstehende Meinung zu hören. Wie findest du den VfL und wo siehst du ihn in dieser Saison?

Jan-Gabriel: Leider beschränkt sich meine Kenntnis des VfL auf Zusammenfassungen, Statistiken sowie kleinere Abschnitte aus dem Sandhausen-Spiel. In letzterem fiel mir die Flexibilität im Bochumer Aufbauspiel ins Auge. Der Einsatz kurzer Pässe, Dribblings und Verlagerungen wurde ebenso sehr variiert wie die Positionierungen der einzelnen Spieler. Zudem ist der Kader gespickt mit ehemaligen Bundeligaspielern und interessanten Talenten wie Milos Pantovic. Die zweite Liga ist hinter den ersten beiden Plätzen total offen und Bochum wird sicherich in der oberen Tabellenhälfte konkurrieren können. 

Besonders in der heimischen Benteler-Arena spielt der SCP einen attraktiven Fußball. Foto: Tim Kramer (Tremark Fotografie)

Einsachtvieracht: Kannst du uns einen kurzen Überblick zur taktischen Ausrichtung Paderborns verschaffen? Was erwartet uns?

Jan-Gabriel: Wie bereits angeklungen, versucht der SCP in allen Spielphasen offensiv und aggressiv aufzutreten. Das äußert sich in einem durchgehenden hohen Angriffspressing und intensivem Nachsetzen genauso wie im enorm weiträumigen Aufbauspiel. Der SCP geht jederzeit hohes Risiko ein und versucht, Angriffe schnell und direkt in die Tiefe zu tragen.

Formativ wird diese Spielidee meist in einem 4-1-3-2 umgesetzt, in dem die Flügelspieler eingerückt und die Außenverteidiger sehr hoch agieren. Die Details dieser Aufstellung folgen stark aus dem eingesetzten Personal, sowie gegnerspezifischen Anpassungen.

Einsachtvieracht: Wo liegt die Stärke in Paderborns Spiel, also wovor muss der VfL sich wappnen und was siehst du als eure Schwäche an?

Jan-Gabriel: In der bisherigen Saison zeigt sich Paderborn vor allem im Gegenpressing als enorm stark. Die schnellen Offensivkräfte Michel, Antwi-Adjei und Tekpetey setzen die Aufbauspieler unter extremen Druck und können bei Ballgewinn sofort zum Konter starten. Verbesserungswürdig ist sicherlich das Ballbesitzspiel, das bisher schablonenhaft und nicht wirklich auf den Gegner angepasst wirkte. Die größte Möglichkeit für den VfL liegt sicherlich darin, Feuer mit Feuer zu bekämpfen und Paderborns riskantes Pressing durch ein flaches Aufbauspiel ins Leere laufen zu lassen.

Marlon Ritter wechselte von der Fortuna zum SCP und soll dort eine tragende Rolle einnehmen. Foto: Fuguito (Wikimedia commons)

Einsachtvieracht: Welche Rolle spielen Christopher Antwi-Adjei und Marlon Ritter für das Paderborner Offensivspiel? 

Jan-Gabriel: Jimmy (Antwi-Adjei) hat eine tolle Entwicklung hinter sich und mausert sich mehr und mehr zum Schlüsselspieler. Dabei wird er im Paderborner Spiel gar nicht mal optimal, nämlich als Isolationsdribbler, eingebunden, sondern fungiert, im Halbraum zurückfallend, vielmehr als Zielspieler für Vertikalpässe aus der Innenverteidigung.

Marlon Ritters größte Qualität liegt darin Dynamik zu erzeugen. Sowohl in tieferen Zonen, aus denen er den Ball nach vorne tragen kann, als auch vor der gegnerischen Abwehr, wo er durch Doppelpässe mit seinen Mitspielern kombiniert oder diese mit Steilpässen, gerne auch gechippt, einsetzt.

Einsachtvieracht: Kommen wir auf die Partie unserer beiden Vereine zu sprechen. Wie wird es dem SC Paderborn gelingen, die Bochumer am Freitag zu schlagen? Wird es Anpassungen geben?

Jan-Gabriel: Ich rechne beim SCP neben dem Ersatz des gesperrten Dräger noch mit einem Startelfeinsatz von Tekpetey anstelle von Tobias Schwede. An der generellen Spielweise wird sich beim SCP nichts ändern, auch wenn ich auf Weiterentwicklungen im Ballbesitz hoffe.

In der zweiten Liga ist es unfassbar schwierig, Prognosen zu treffen. Da meine Tippfähigkeiten sich sehr stark in Grenzen halten, folge ich ganz meinem Wunschdenken und prophezeie einen klaren Paderborner Sieg.

Einsachtvieracht: Zum Abschluss hätte ich gerne noch einen Tipp für das Spiel von dir.

Jan-Gabriel: 3:0

Herzlichen Dank, dass du uns zur Verfügung standest. Wir wünschen allen Fans eine gute Anreise und freuen uns auf das Spiel.

Autor: Janik Aschenbrenner

In meinem Freundeskreis dreht sich alles um die Blau-Weißen, für die ich in meiner Jugend selbst die Schuhe schnüren durfte - so kommt es, dass der VfL auch mich nicht los lässt. Durch meine Affinität zur Spielanalyse und Trainingslehre bin ich ansonsten bei Konzeptfußball zu finden. Fußball ist für mich eine Kunstform, die ich mitgestalten möchte.
Twitter: @Janik_Asc / janik.aschenbrenner@einsachtvieracht.de

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