Vom Langzeitverletzten zum Hoffnungsträger? Timo Perthel im Portrait

Foto: Tim Kramer (Tremark Fotografie)

Autor: Steven Ongsiek

Lange Zeit war Timo Perthel verletzt, über eineinhalb Jahre stand er nicht in einem Wettkampfspiel auf dem Rasen. Doch nun scheint die Leidenszeit endlich vorbei zu sein. Timo Perthel mischt wieder mit und ist quasi ein interner Neuzugang. Grund genug euch unsere Nummer 24 und seinen bisherigen Werdegang etwas näher vorzustellen…

Timo Perthel erblickte am 11. Februar 1989 in der Pfalz in Kaiserslautern das Licht der Welt. Seine fußballerische Laufbahn begann jedoch in Norddeutschland bei TuS Syke – einem Kleinstadtverein aus dem Bremer Umland. Wenig später wechselte er zu Werder Bremen, wo er sämtliche Jugendabteilungen von der E-Jugend bis zur U19 durchlief. In der Spielzeit 06/07 konnte er sich die Meisterschaft der Nord-Staffel mit der U19 der Grün-Weißen sichern. Letztlich scheiterte man im Rennen um die deutsche Meisterschaft im Halbfinale gegen Bayern München.

Seine ersten Profistationen

Timo Perthel für Werder Bremen am Ball. Foto: Steindy (wikimedia commons)

Im Sommer 2008 bekam Perthel  bei den Bremern einen Profivertrag und debütierte kurz darauf in der Reservemannschaft in Liga 3. Mit 32 Einsätzen, bei denen ihm zwei Tore und drei Vorlagen gelangen, hatte er einen nicht unerheblichen Anteil am Klassenerhalt der Bremer Zweitvertretung in seinem ersten Seniorenjahr 2008/09.

Dank seiner guten Leisten konnte er in der selben Spielzeit im Mai 2009 noch sein Bundesligadebüt gegen den 1. FC Köln feiern – er wurde für 19 Minuten eingewechselt. Für weitere Bundesligaeinsätze reichte es bei den Bremern nicht. Nach einer weiteren Spielzeit in der Reservemannschaft der Grün-Weißen wechselte er im Sommer 2010 auf Leihbasis zu Sturm Graz in die Alpenrepublik nach Österreich. In der von Franco Foda trainierten Mannschaft wurde Perthel immer nur „Deutscher“ gerufen. Mit insgesamt 20 Einsätzen hatte er seinen Anteil, dass sich Sturm den bisher letzten Meistertitel in der Vereinsgeschichte sichern konnte. In Österreich lernte Perthel auch seine Frau Ramona kennen, mit der er zwei Kinder hat.

…die Reise durch die zweite Liga 

Auch nach der Leihe gab es für Timo Perthel im Sommer 2011 keine Perspektive an der Weser. Er startete den wohl turbulentesten Abschnitt seiner Karriere, bei dem er binnen weniger Jahre für diverse Vereine unter Vertrag stand. Zunächst wechselte er zu Zweitligaaufsteiger Hansa Rostock, bei denen er insgesamt 25 Einsätze verbuchte, ehe er kurz vor Saisonende von einem Mittelfußbruch gestoppt wurde. Sein Ex-Trainer Peter Vollmann setzte ihn auch als defensiven Mittelfeldspieler neben Robert Müller bzw. Dominic Peitz ein. Wolfgang Wolf sah Perthel sogar auf der linken Seite der offensiven Dreierreihe, wo Perthel mit seiner Explosivität punkten konnte. Dennoch stieg Rostock mit nur 27 Punkten als Tabellen-18. ab. Da sein Arbeitspapier für die dritte Liga keine Gültigkeit besaß, verließ er die Kogge nach nur einer Spielzeit.

Es folgte ein Wechsel in den Ruhrpott zum MSV Duisburg. Die Zebras benötigten auf der linken Seite einen schnellen Spieler, der die Außenbahn sowohl offensiv als auch defensiv beackern konnte und wurden in Perthel fündig. Gerade erst den Mittelfußbruch aus seiner Rostocker Zeit auskuriert, brach sich Perthel in der Vorbereitung erneut den Mittelfuß, sodass er erst im Dezember 2012 zu seinem Debüt für den Meidericher SV kam. MSV-Coach Runjaic setzte Perthel überwiegend auf der linken, offensiven Außenbahn ein. Insgesamt gelangen ihm in 17 Saisonspielen vier Treffer. Auch beim damaligen Duisburger Gastspiel an der Castroper Straße netzte Perthel kurz vor Schluss, nachdem der VfL zuvor durch einen zauberhaften Kramer-Treffer schon auf der Siegerstraße schien. Obwohl der MSV am Ende der Saison 43 Punkte auf dem Konto hatte und auf Platz 13 abschloss, folgte anschließend der Schock: Lizenzentzug! Perthel ging nicht mit in die dritte Liga sondern schloss sich daraufhin Erstligaaufsteiger Eintracht Braunschweig an.

In Braunschweig hatte Perthel von Beginn an einen schwierigen Stand. Torsten Lieberknecht vertraute seiner Aufstiegself, die mit Reichel auf der Linksverteidigerposition, Hochscheidt auf Linksaußen und zentral Theuerkauf und Boland ihre Platzhirsche hatten. Zwar traf Perthel bei der Erstrunden-Pokalpleite in Bielefeld zum zwischenzeitlichen Ausgleich, den ersten Spieltag saß Perthel allerdings nur auf der Bank. Als sich Perthel in die Mannschaft spielte und einige Partien über 90 Minuten spielte, kegelte er sich mit zwei gelb-roten Karten selbst wieder raus. Zwischenzeitlich half Perthel auch in der zweiten Mannschaft in der Regionalliga aus, die Einsatzzeit in der ersten Mannschaft blieb für Perthel trotzdem überschaubar. Lediglich als Ken Reichel gegen Schalke gelbgesperrt war, verteidigte Perthel 90 Minuten hinten links. Am Ende setzte Lieberknecht Perthel sogar auf die Tribüne. Da Perthel keine Perspektive mehr in Braunschweig sah, wechselte er so 2014 zu uns an die Castroper Straße.

Perthel bejubelt seinen bislang einzigen Treffer im VfL-Trikot. Das 1:0 gegen Duisburg (Endstand 3:0) war ein schöner Dösenöffner und Startschuss der Siegesserie Foto: Tim Kramer (Tremark)

Die Zeit beim VfL

In seiner ersten Saison (2014/15) konnte er 26 Einsätze, bislang die meisten in einer Spielzeit im Dress des VfL, verbuchen. Perthel spielte sich auf der linken Abwehrseite fest, wo er immer wieder durch starke Läufe bis zu Grundlinie überzeugte. Offensiv ging in dieser Spielzeit viel über seine linke Seite. Nicht von ungefähr gelangen ihm in seiner ersten Saison beim VfL sieben Torvorlagen.

Auch in der Saison 2015/16, in der der VfL mit fünf Siegen in fünf Spielen startete, war Perthel eine wichtige Stütze. Er erzielte den Dosenöffner zum 1:0 gegen seinen Ex-Verein Duisburg und legte beim 2:1 gegen Nürnberg den Siegtreffer durch Haberer mustergültig auf. Der damalige Trainer Verbeek nutze Perthels Offensivstärke, um dem Bochumer Spiel eine gewisse Asymmetrie zu verpassen. Dabei spielte die linke Seite mit Perthel und Terrazzino sehr offensiv. Abgesichert wurden die beiden durch einen bei eigenem Ballbesitz in einer Art 3er-Kette einrückenden Celozzi und die Pferdelunge Bulut. Im Pokalspiel gegen die Bayern musste Perthel nach 29 Minuten ausgewechselt werden, nachdem er etwas „Handschuh“ von Robben ins Auge bekam. Der eingewechselte Simunek sah knapp 15 Minuten später die rote Karte und wurde so zum Pechvogel – der FC Bayern gewann am Ende mit 0:3. Perthels enormer Wert für die Mannschaft und die ganze offensive Ausrichtung des Bochumer Spiels wurde erst richtig sichtbar, als er durch Wijnaldum bzw. später durch Michael Maria vertreten wurde und deutlich weniger über die linke Seite funktionierte. Im Januar 2016 verlängerte Perthel seinen Vertrag bis 2019.

Lange stand Timo Perthel nicht mehr für den VfL auf dem Platz, doch nun ist er endlich zurück. Foto: Tim Kramer (Tremark Fotografie)

Die Saison 2016/17 ging für Perthel gerade einmal bis kurz vor der Winterpause, ehe er am 17. Spieltag gegen St. Pauli die rote Karte sah. Dazu begann noch eine Verletzungsodysee, die man so sicherlich niemandem wünscht. Zunächst waren es „nur“ Knieprobleme, die Perthel gut vier Monate außer Gefecht setzen sollten. Kurz darauf wurde aber ein Knochenödem festgestellt, wegen dem er nun fast ein weiteres Jahr keinen Fuß aufs heilige Grün setzen konnte. Anstatt mit Ball am Fuß zu trainieren musste er sich in der Reha wieder an den Profisport rankämpfen.  Gegen Ende der Spielzeit 2017/18 sah man Perthel dann endlich wieder auf dem Platz im Training – Fans wie auch er selbst konnten neue Hoffnung für die kommende Spielzeit schöpfen.

Ausblick

Timo Perthel ist nach langem Verletzungspech endlich wieder fit und steht auf dem Platz. Er mischt bei den Testspielen wieder voll mit und dürfte sich einen engen Zweikampf um die Position links hinten mit Danilo Soares liefern.  Auch vorstellbar wäre eine Variante mit beiden Spielern, in der sie sich als Hybrid die linke Seite aufteilen, um ihre offensiven Qualitäten situativ bestmöglich einzusetzen. Trainer Robin Dutt hat mit der Rückkehr von Timo Perthel eine spannende Option mehr im Kader. Es wird interessant sein zu sehen, ob er wie Gertjan Verbeek eine klare Asymmetrie in das Bochumer spiel einbauen wird, um die offensiven Stärken unserer beiden Linksverteidiger ideal einzubinden.

Wir wünschen dir, lieber Timo, eine gute und vor allem verletzungsfreie Spielzeit und hoffen auf einige Torbeteiligungen deinerseits!

Autor: Claudio Gentile

Als gebürtiger Bochumer wurde ich das erste Mal im zarten Alter von sechs Jahren ins Ruhrstadion geschleppt. Der VfL verlor. Was auch sonst. Trotzdem ließ mich der Verein nicht mehr los und spätestens als ich ein paar Tage nach meinem ersten Stadionbesuch das legendäre Papagei-Trikot mit einem "Peter Peschel"-Flock überstreifen durfte, war es um mich geschehen. Das ist jetzt 26 Jahre, wenig Siege und viele Niederlagen her. Wo die Liebe im Fußball hinfällt, kann man sich ja bekanntlich nicht aussuchen. Und eine Liga kennt Liebe auch nicht.

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