Viele, ehrlicherweise sogar die meisten Jahre des VfL Bochum lassen einen leiden. Wenige Erfolgserlebnisse, graues Zweitligamittelfeld – VfL eben. In der Saison 2015/2016 war die Leidenszeit vorbei – natürlich nur für 34 Spieltage plus einige erfolgreiche Auftritte im DFB-Pokal.
Unten auf dem Rasen stand plötzlich eine Mannschaft, die Erfolg und gar Aufstiegshoffnungen ins Ruhrstadion brachte. Gereicht hat es dafür – natürlich – nicht. Dennoch war der fünfte Platz der zweitbeste seit dem Abstieg 2010 und mehr noch, Bochum spielte schönen Fußball.
Wie es jedoch eben läuft an der Castroper Straße, wurden im Sommer eine Menge Faxe zu anderen Vereinen geschickt. Die Stammoffensive war weg und mit ihr der Glanz, an den man sich zu schnell gewöhnt hatte. Was seither vergessen wurde: Auch die, die keinen Glanz versprühten und an Spieltage oft die gleiche Perspektive auf das Spiel hatten wie die Zuschauer, verließen den VfL in nennenswerter Anzahl. Ein Status Quo der Akteure aus zweiter und dritter Reihe der Saison 2015/2016.
Nach mäßigem Jahr im Erzgebirge vereint
Tief im Westen startet die kleine Weltreise – so viel sei vorweggenommen – gen Osten. Bei einem Ligakonkurrenten sind gleich zwei Spieler der damaligen Mannschaft untergekommen. Einer von ihnen ist Innenverteidiger Malcolm Cacutalua. Nach dem Ende seiner zweijährigen Leihe startete er bei Bayer Leverkusen den Anlauf, sich in der Bundesliga zu etablieren.
Daraus wurde jedoch wenig, nach der Saisonvorbereitung mit der Werkself schlug Cacutalua erneut im Westen auf – bei Arminia Bielefeld. Dort stand in der vergangenen Saison ähnlich oft auf dem Platz wie in seiner letzten VfL-Spielzeit (elf Spiele, in der Rückrunde öfters über 90 Minuten), suchte aber im Sommer erneut das Weite.
Nach Bochum verschlug es ihn in die nächste Stadt mit Bergbauhistorie. Erzgebirge Aue verpflichtete ihn trotz laufenden Vertrages und pries ihn als erfahrenen, aber jungen Spieler an. Stand nach elf Spieltagen: sieben Einsätze, aber erst 196 Minuten auf dem Platz. Zwei Spiele über 90 Minuten in den letzten Wochen lassen aber vorsichtig auf den Durchbruch hoffen.
Nicht viel mehr Spielminuten hat Michael Maria für die Veilchen absolviert. Der flexibel einsetzbare 22-jährige verließ den VfL im Sommer 2016 unbemerkt durch die Hintertür, obwohl er in der letzten Saisonphase das Vertrauen von Gertjan Verbeek genoss. Im Oktober heuerte er schließlich bei Drittligist Sonnenhof Großaspach an.
Der Exote aus Curacao sollte in Baden-Württemberg ,,zeitnah weiterhelfen“, wie bei seiner Verpflichtung erwartet wurde. Auch diese Bilanz liest sich eher mau. 17 Partien, ein Treffer und zumeist die Rolle des Ersatzspielers waren zu wenig. Dennoch ging es wieder eine Liga herauf ins Erzgebirge, wo er sich zu Saisonbeginn verletzte und nun auf seine Minuten warten muss.
Vom Westen genug
Über die östliche deutsche Grenze hinaus verschlug es Piotr Cwielong. Der heute 31 Jahre alte Flügelspieler absolvierte 2013/2014 immerhin 30 Spiele für den VfL, ehe er sich nicht mehr durchsetzen konnte. Es folgte der Wechsel zu Ruch Chorzow in die erste polnische Liga, wo es weder für ihn, noch für den Verein, der am Ende abstieg, lief.
Immerhin steuerte er noch solide fünf Tore in 20 Spielen für den Club bei, bei dem er schon mehrmals aktiv war. Nach der Vertragsauflösung im Januar 2017 zog es in zurück nach Deutschland, genauer gesagt zum FC Magdeburg. Sieben Pflichtspiele später folgte er nächste Wechsel, wieder in die polnische Heimat. Dort steht er bei GKS Tychy zumeist in der Startelf und traf schon vier Mal. Vielleicht hat er in Polens zweiter Liga nun den passenden Ort für den Karriereausklang gefunden.
Jan Simunek, in der Bundesliga bestens bekannt, verließ per Vertragsauflösung Bochum ebenfalls in jenem Sommer 2016. 15 Pflichtspiele und viele Verletzungen in zwei Jahren waren zu wenig für den aktuell 30-jährigen Innenverteidiger. Für ihn ging es – auch aus familiären Gründen – ebenfalls in die Heimat, und zwar zu Dukla Prag nach Tschechien. Dort spielte er ebenso solide wie seine Mannschaft, die am Ende Siebter wurde in der höchsten Spielklasse des Landes. 20 Pflichtspiele konnten sich nach schwierigen Bochumer Jahren sehen lassen.
Dennoch folgte der nächste Wechsel. Simunek ging nach Ungarn, unterschrieb bei Vasas FC in der ersten Liga. Der in Budapest beheimatete Club hat mit Michael Oenning einen deutschen Trainer, der noch aus seiner Zeit in Nürnberg und Hamburg bekannt sein dürfte. Das brachte dem Ex-Nationalspieler allerdings bisher nicht viel, denn zwei Einsätzen stehen 13 Partien ohne Berücksichtigung gegenüber. Immerhin kann er sich mit seinem Coach über die Ruhrgebietsmetropole unterhalten: Oenning trainierte vor zehn Jahren rund acht Monate lang die U19 des VfL.
Richtungswechsel und Atlantiküberquerung
Der Osten ist abgerast, wir machen eine 180°-Wende. In der zweiten Liga der USA – ja, die gibt es tatsächlich – kickt mittlerweile Giliano Wijnaldum. Der kleine Bruder von Liverpool-Star und 27-Millionen-Euro-Mann Georginio Wijnaldum löste seinen Vertag in Bochum ebenfalls auf, was angesichts von neun Pflichtspieleinsätzen in einem Jahr logisch schien.
Ein halbes Jahr dauerte es, ehe der Links- und Innenverteidiger eine neue Heimat fand. Der Niederländer wurde von Philadelphia Union als Discovery Signing unter Vertrag genommen und vom MLS-Club gleich freudig empfangen. Die Freude hielt in seinem Fall sogar an, denn nach einer kurzen Eingewöhnungsphase stand Wijnaldum zumeist über 90 Minuten auf den Plätzen der MLS.
Aktuell ist er für das Farmteam von Philadelphia, bei – Achtung! – Bethlehem Steel (2. Liga) aktiv. Der Verein mit dem gewöhnungsbedürftigen Namen bezieht diesen übrigens aus einem längst bankrotten Unternehmen und wurde erst 2015 gegründet. Hier verliert sich Wijnaldums Spur ein wenig. Laut Transfermarkt.de ist er bis zum 30. November an die ,,zweite Mannschaft“ ausgeliehen. Seit Juni war er aber entweder ohne Einsatz im Kader der Profis von Union oder, wie zuletzt immer häufiger, für keine der beiden Teams nominiert.
Fast in der Regionalliga vereint
Im erfolgreichen Bochumer Team fanden sich zwei Spieler, die jahrelang in der Bundesliga aktiv waren und dort jeweils rund 100 Spiele bestritten haben. Tobias Weis, der einst in Hoffenheim für Furore sorgte, und Nando Rafael, welcher für die Hertha, Augsburg und Gladbach stürmte.
Mittelfeldspieler Weis löste seinen Vertrag in beidseitigen Einvernehmen im Sommer auf, nachdem kein Transfer zustande gekommen war. In der Folge blieb der nun 32-jährige länger ohne Arbeitgeber. Überraschend unterschrieb er jedoch im Februar einen Kontrakt, der ab Juli 2017 laufen sollte – in der Regionalliga!
Dort, beim FC Homburg sollte er eigentlich auf seinen Ex-Teamkollegen aus Angola treffen, der sich ebenfalls für den Amateurverein entschied. Doch daraus wurde nichts: Homburg stieg in die Oberliga ab und die beiden Arbeitspapiere der Ex-VfL’er verloren ihre Gültigkeit. Beide sind, trotz namenhafter Vergangenheit, seit ihrer erfolglosen Zeit in Bochum ohne Pflichtspieleinsatz im Profibereich. Aber: Ihr ehemaliger Fast-Verein steht aktuell souverän auf Rang eins der Oberliga und klopft wieder an der Regionalliga – vielleicht wird es dann wieder was mit einem neuen Verein. Denn Weis sagte schon bei seiner Vorstellung in Homburg: ,,Der Fußball fehlt einem natürlich.“
Die dritte Reihe
Ebenfalls verlassen haben den Verein damals zwei Junge Spieler, die allerdings nie das Bochumer Trikot im Profibereich trugen. Mittelstürmer Cagatay Kader (20) ist über den Umweg FSV Frankfurt, wo er viele Spielanteile bekam, aktuell beim VfR Aalen in der dritten Liga gelandet. Verteidiger David Niepsuj kämpft bei Pogon Stettin trotz Verletzungsproblemen um einen Stammplatz.
[Stand: 09.11.2017]
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