Jeder kann das Bayern-Spiel einordnen – ein Blick nach Kiel

Foto: VfL Bochum

Der VfL Bochum trifft heute zu Hause im Ruhrstadion auf den Aufsteiger Holstein Kiel. Der Verein aus dem ganz hohen Norden ist wie unser VfL bisher punktlos. Zwischen Aufstiegseuphorie und Ernüchterung – gelegen in einer Handball-Hochburg an der Kieler Förde. Im Gespräch über Verein, Taktik und einzelne Spieler mit Holstein-Fan Hendrik.

Ist die Euphorie des Aufstiegs nach den negativen Ergebnissen zum Start bereits verflogen?

Auf der PK äußert sich Rapp wie folgt: „Jeder bei uns kann das Bayern-Spiel einordnen. Die Stimmung ist nicht euphorisch, aber auch alles andere als schlecht.“ Man könnte also sagen, dass die Euphorie verflogen ist, aber ich würde schon sagen, dass man die Spiele, vor allem das letzte, richtig einordnen kann. Holtby hat direkt nach dem Spiel gesagt, dass Bayern nicht unser Maßstab ist. In den Spielen davor haben wir gute Ansätze gezeigt, aber es fehlte die letzte Qualität, zum Beispiel im Abschluss, aber auch das Spielglück. Wir sind in jedem Spiel früh in Rückstand geraten. Dass das nicht gerade förderlich ist, sagt auch Geschwill im Interview zum Spiel gegen den VfL. Die Marschroute für das Spiel ist also, länger die Null zu halten. Dann hat man mehr Möglichkeiten, selbst Akzente zu setzen.

Wie schwer wiegen die Abgänge von Tom Rothe (Union Berlin) und Philipp Sander (Gladbach)?

Die Abgänge von Rothe und Sander wiegen natürlich schwer. Rothe war auf der linken Schiene Stammspieler und hat 14 Scorerpunkte zum Saisonerfolg beigesteuert und Sander war der Kapitän. Rothe ist nicht gleichwertig ersetzt worden. Er hat einen GSN Index von 71. Das ist internationale Klasse. Sander wurde durch Knudsen und Gigovic zumindest nominell ersetzt, aber er hatte, als Kapitän, natürlich auch im Mannschaftsgefüge eine besondere Rolle. Da kann man ihn sicherlich nicht so schnell ersetzen.

Mit Armin Gigovic, Magnus Knudsen, Max Geschwill und Andu Kelati wurden Spieler mit viel Potenzial geholt. Wieviel von diesem Potenzial konnte Trainer Marcel Rapp bereits freisetzen?

Knudsen hat schon gezeigt, was er kann und er hat sich festgespielt. Gigovic war verletzt und ist jetzt im Kommen. Nominell ist er, als A-Nationalspieler, wohl unser bester Neuzugang, aber auch von Geschwill, in ihm sieht unser Trainer das größte Bundesligapotenzial, was sein GSN Index von 73 beweist, ist im Kommen. Er hat gegen Wolfsburg und Bayern je eine Halbzeit gespielt und seine Sache gut gemacht. Er kam auch aus einer Verletzung, Mittelfussbruch, und hatte entsprechend Rückstand. Von Kelati hält der Trainer viel. Man konnte schon sehen, warum er das tut. Wie Geschwill, hat Kelati einen GSN Index von 72. Vom Potenzial her verkörpert er damit auch internationale Klasse. Er hat das auch schon aufblitzen lassen. Er bewegt sich gut in den Räumen, spielt gute und öffnende Pässe und hat eine gute Übersicht. Er wird der Skrzybski Nachfolger bei uns. Er macht wirklich einen sehr guten Eindruck, aber er hat sich durch eine Platzverweis in Hoffenheim selbst ausgebremst. Er wird bei der KSV allerdings die Zukunft prägen, wenn er uns denn nicht weggekauft wird.

Im Spiel gegen die Bayern ist Rapp erstmals vom 3-4-1-2 der Vorsaison abgewichen und hat sein Team im 4-3-3 aufgestellt. War das eine besondere Anpassung oder könnte das neue System auch eine Option gegen den VfL Bochum sein und hat Rapp seine taktischen Prinzipien für die erste Liga angepasst? Wenn ja, auf welche Weise?

Taktisch glaube ich, dass der Systemwechsel dem Gegner geschuldet war. Wir setzen eigentlich voll auf das 3-1-4-2. Die Viererkette kommt eher selten zum Einsatz, bzw. gegen Gegner, in Liga 2 war das zum Beispiel der HSV, die qualitativ deutlich überlegen sind. Ich rechne also gegen den VfL wieder mit dem 3-1-4-2. Rapp hat hier taktisch eigentlich nichts verändert, nur weil wir jetzt in der Bundesliga spielen. Wir spielen offensiv und Ballbesitzfussball. Wir sind da, besonders was das Positionsspiel angeht, extrem flexibel. Kimmich hat nach dem Spiel gegen uns gesagt, dass die Bayernspieler darüber verwundert waren, wie offensiv wir gegen sie gespielt haben, weil das Räume gab, die sie bespielen konnten. Ich würde sagen, dass man vielleicht in solchen Spielen anders spielen sollte, aber Rapp hält das nichts von. Er zieht das Ding durch. Wir sind aber taktisch flexibel und können im Spiel auch umstellen. Das ist Rapp ein Reinform. Man weiß nie, wie die taktische Ausrichtung ist und auch nicht, wer aufläuft, weil die Trainingsleistung bei ihm entscheidend ist.

Mit Lewis Holtby spielt ein alter Bochumer Bekannter bei Euch. Welche Rolle spielt er für den KSV?

Lewis Holtby ist Rapps verlängerter Arm auf dem Feld. Er trägt die Philosophie des Trainers voll mit. Er ist, als einer der wenigen gestandenen Spieler, auch in der Mannschaft, auf und neben dem Feld, wichtig. Sein Wort hat Gehör.

Auf welche Spiele freut man sich in der ersten Bundesliga-Saison überhaupt am meisten?

Wenn man die Jungs so hört, freuen sie sich eigentlich auf verschiedene Vereine. Einige nennen Dortmund. Einige nennen Bayern. Andere nennen Werder oder auch Eintracht Frankfurt. Die Aussagen sind da ganz gemischt. Generell ist der Tenor aber, dass jedes Spiel besonders ist.

Wie sieht man in Kiel den VfL Bochum?

Das Spiel beim VfL ist besonders. Geschwill erwähnt, im vorher von mir angesprochenen Interview, ganz besonders die Stimmung anner Castroper. Die Fans stehen hinter dem VfL. Da gehe ich auch mit. Wie der VfL in Kiel gesehen wird, kann ich gar nicht sagen, weil ich nicht in Kiel wohne.

Was denkst du ist für den VfL in dieser Saison drin?

Ich persönlich zolle dem VfL, für seine Leistung, die er in den vergangenen Jahren in der Bundesliga gebracht hat, großen Respekt. Er hat nicht die großen Mittel, über die andere Vereine verfügen, aber er setzt sind, mit Fleiß und harter Arbeit, erfolgreich zur Wehr. Ich hoffe natürlich, dass wir das Spiel gewinnen. Wir brauchen ein Erfolgserlebnis. Für den Rest der Saison wünsche ich dem VfL von Herzen alles Gute.

Vielen Dank für das Interview!

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Autor: Matthias Rauh

Obwohl in Bayern wohnhaft besitze ich eine Dauerkarte beim VfL und versuche, jedes Heimspiel und jedes Auswärtsspiel im Süden vom VfL mitzunehmen. Meine Begeisterung für den VfL entwickelte sich in der Saison 2006/07, endgültig besiegelt wurde sie bei dem eigentlich völlig belanglosen Spiel Karlsruher SC gegen den VfL im Jahr 2008. Während eines Fußballturniers wollten meine Mannschaftskameraden in der Bundesligakonferenz ständig die Zwischenstände von Bayern München und Nürnberg wissen, ich erntete misstrauische Blicke, als ich den Zwischenstand von Bochum wissen wollte. Abstieg, Relegation, Funkel, Neururer... ich bin immer noch dabei und freue mich immer mehr auf Spiele wie Bochum gegen Sandhausen als Bayern gegen Dortmund.

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„Streich fehlt als Identifikationsfigur im Stadion kaum.“