Ausgecheckt: Schiffbruch oder ruhiges Fahrwasser für den VfL in Kiel?

Foto: Einsachtvieracht

Am kommenden Freitag spielt unser VfL Bochum im hohen Norden gegen die Kieler Sportvereinigung Holstein von 1900 e.V. – kurz KSV Holstein – allgemein bekannt als Holstein Kiel. Nachdem wir Fans in dieser Spielzeit nach 3x 3:3, 2x 2:2 und einem spektakulärem 3:2 Sieg in Heidenheim schon das ein oder andere turbulente Spiel hinter uns haben, stellt sich die Frage, ob der VfL es in Kiel in ruhigeres Fahrwasser schafft oder wir im Wellengang der Kieler Förde wieder durchgeschüttelt werden.

Dabei ist Kiel eine der ganz wenigen Städte in Deutschland, in denen der Fußball nicht die Sportart Nummer 1 ist. Holstein steht hier im Schatten des deutschen Handball-Rekordmeisters THW Kiel. Mit Champions-League-Spielen und einer Spielstätte mitten in der Innenstadt hat die THW eine wahnsinnige Anziehungskraft. Auch der Segelsport ist in Kiel ganz stark vertreten. So war die Stadt 1936 und 1972 bei den olympischen Spielen Austragungsort aller Segelwettbewerbe. Darüber hinaus ist die Kieler Woche die größte Segelsportveranstaltung der Welt – noch vor den olympischen Spielen selbst. Für jemanden aus dem Ruhrpott eine ungewöhnliche Situation – ist hier doch der Fußball an jeder Ecke und in der jeder Stadt mit all den Traditionsvereinen omnipräsent.

Fußball ist nicht Sportart Nummer 1 in Kiel Foto: David Matthäus Photografie

Wenn man sich die letzten 4 Spiele gegen die Mannschaft aus der schleswig-holsteinischen Landeshauptstadt anschaut, stehen die Vorzeichen dabei wohl für uns wieder auf Wellengang. 13 Tore fielen in diesen Aufeinandertreffen, zweimal gingen die Störchen als Sieger vom Platz, zweimal gab es keinen Sieger. Dabei sind die Umstände, in denen beide Mannschaften in dieser Spielzeit aufeinandertreffen werden, andere. Nachdem man die beiden letzten Jahre immer erfolgreich oben mitgespielt hat, Leistungsträger und Trainer ersetzen konnte, läuft in Kiel in diesem Jahr nicht alles rund. Tim Walter wechselte im Sommer nach einer tollen Spielzeit nach Stuttgart und Andre Schubert übernahm die Truppe im Sommer –mit mehr als mäßigem Erfolg. Schon in der Vorbereitung lief nicht alles wie geplant – so hat Kiel, wie auch wir, in dieser Spielzeit bereits einen Trainerwechsel hinter sich.

Nicht nur der VfL hat schon einen Trainerwechsel hinter sich in dieser Spielzeit – auch Holstein Kiel Foto: David Matthäus Photografie

Aktuell steht mit Ole Werner ein 31-jähriger Interimscoach an der Seitenlinie, der zuvor die Zweite von Holstein trainiert hat. Aus 4 Spielen holten man mit ihm auf der Bank 2 Siege und 2 Niederlagen. Ob Werner länger auf der Bank bleibt ist bis dato noch nicht geklärt. Doch nicht nur der Trainer wurde ausgetauscht – auch Manager Fabian Wohlgemuth musste Anfang Oktober seinen Hut nehmen. Es übernahm ein alter Bekannter – Uwe Stöver – der bereits von Dezember 2015 bis Mai 2016 Sportchef beim damaligen Drittligisten war. Man merkt – in Kiel geht’s in der noch jungen Saison mindestens so turbulent zu wie bei uns. Auch der sportliche Aderlass im Kader war vor der Saison nicht unerheblich. Mit Konsombi, Karazor, Schindler und Okugawa gingen 4 Leistungsträger. Solch einen Aderlass an Spielern neben dem wechselnden Coach aufzufangen ist nun mal für jeden Verein schwer.  Aktuell steht man nur wenig besser als unser VfL auf dem 14. Tabellenplatz mit 11 Punkten.

Ein Wiedersehen gibt es mit Janni Serra. Der 21-jährige wechselte nach seinem 6-monatigem Gastspiel anne Castroper im Sommer 2018 fest nach Kiel und konnte sich auf Anhieb durchsetzen. In 30 Spielen gelangen ihm 10 Tore und 5 Vorlagen. In dieser Saison hat er allerdings noch etwas Ladehemmungen und konnte bisher nur einmal netzen – was dann bitte auch am Freitag so bleibt.

Foto: David Matthäus Photografie

Spannend wird zu sehen sein, wie unser VfL sich nach dem neuerlichen Nackenschlag in der Nachspielzeit gegen nur 10 Karlsruher und der aufkeimenden Mentalitätsdebatte präsentiert. Gegen ebenfalls schwach gestartete Kieler sind drei Punkte fast schon Pflicht. Andersfalls würde der Abstand zum Mittelfeld langsam immer deutlicher werden und die Unruhe im Bochumer Umfeld nur befeuern. Die nächsten Wochen dürften entscheidend sein, ob wir einen typischen Bochumer Herbst, diesmal in Extremform, oder doch nochmal ein paar Sonnenstrahlen bekommen.

Autor: Claudio Gentile

Als gebürtiger Bochumer wurde ich das erste Mal im zarten Alter von sechs Jahren ins Ruhrstadion geschleppt. Der VfL verlor. Was auch sonst. Trotzdem ließ mich der Verein nicht mehr los und spätestens als ich ein paar Tage nach meinem ersten Stadionbesuch das legendäre Papagei-Trikot mit einem "Peter Peschel"-Flock überstreifen durfte, war es um mich geschehen. Das ist jetzt 26 Jahre, wenig Siege und viele Niederlagen her. Wo die Liebe im Fußball hinfällt, kann man sich ja bekanntlich nicht aussuchen. Und eine Liga kennt Liebe auch nicht.

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