Kommentar: Der VfL Bochum braucht Robin Dutt 2018

In den knapp über 2 Jahren, die es diesen Blog nun gibt, gab es für mich persönlich drei absolute Gänsehautmomente beim VfL. Das Chaos Weihnachten 2017 rund um den Rücktritt von Wilken Engelbracht, das Schicksalsspiel gegen Darmstadt – und die PK heute nach dem Spiel mit in der Fußballbranche sehr selten gewordenen, reflektierten und nüchternen Worten von Robin Dutt. 

Gänsehaut. Anders kann ich nicht beschreiben, wie ich den Moment auf der PK nach dem Spiel gegen Wiesbaden wahrgenommen habe, bei der Robin Dutt öffentlich darüber sprach, dass er am morgigen Sonntag das Gespräch mit Sebastian Schindzielorz über seine Position suchen wolle. Er entschuldigte sich beim gesamten Bochumer Publikum für die erste Halbzeit, betonte, dass ihm der Verein in den 1,5 Jahren, die er nun hier ist, sehr ans Herz gewachsen sei und er nach so vielen Jahren im Fußball-Geschäft eben nicht auf Teufel komm raus auf seinem Stuhl kleben möchte, wenn er das Gefühl habe, nicht mehr zu 100% die beste Lösung für den VfL zu sein. Dutt wirkte emotional, authentisch, ehrlich. Selten habe ich im Fußball-Business, in denen die meisten öffentlichen Statements nur noch glattgebügelte, beliebig austauschbare 0-8-15 Aussagen sind, eine solche, brutale Ehrlichkeit und vor allem Selbstreflexion gesehen.

Dutt betonte, dass er keine Lust hat, rumzueiern und warten zu wollen, bis die üblichen Mechanismen losgehen und es für den Verein keinen Sinn mache, mit einem angezählten Trainer in die nächsten Wochen zu gehen. Er wolle einen gemeinsamen Weg, hinter dem alle stehen. Auch sprach er von Fehleinschätzungen, die gemacht wurden.

Die sportliche Bilanz im Kalenderjahr 2019 ist desaströs und daran hat Trainer Robin Dutt einen großen Anteil. Taktische Experimente, die immer wieder in die Hose gehen, zudem fragwürdige Aufstellungen. Doch dass der Kader offensichtliche Lücken aufweist, die Planstelle der Rechtsverteidigerposition, welche nach der Demontage von Celozzi immer noch nicht zufriedenstellend geschlossen wurde und vor allem im Sturm, in dem die Alternativen fehlen, dafür kann man auch Sportvorstand Sebastian Schindzielorz kritisieren. Wir sprechen hier nicht von plötzlichen Abgängen, sondern welchen, die absolut absehbar waren. Ich gehöre wahrlich nicht zu denen, die schnell panisch werden und erwarten, dass der Kader Mitte Juli fertig sein muss. Dass ein Verein wie der VfL sich auch am Reste-Buffet der ersten Liga bedienen muss, ist klar. Dass allerdings Ende August, eine Woche vor Feierabend auf dem Transfermarkt, zwei, meiner Einschätzungen nach sogar eher drei Planstellen (RV, ST, LV) im Kader nicht besetzt sind, ist mehr als unglücklich. Doch da Dutt und Schindzielorz, wie mehrfach betont wurde, in Fragen der Kaderplanung eng zusammenarbeiten, soll hier weder dem einen, noch dem anderen der Schwarze Peter zugeschoben werden.

Was der VfL auf der Trainerbank aktuell brauchen würde, wäre Robin Dutt in der Version 2018. Ein einfaches, stabiles Spielsystem, bei dem die grundlegenden Dinge richtig gemacht werden und die am Ende ein großes Ganzes ergeben. Taktische Experimente mögen auf dem Papier zwar nett sein, aber in der 2. Bundesliga, in der eine Vielzahl der Spieler nicht in der Lage ist, durch mangelnde Technik oder Spielverständnis das umzusetzen, eben genau der falsche Weg. Der VfL braucht den Dutt, der den Verein im größten Schlamassel der jüngeren Vereinsgeschichte übernommen und einer total verunsicherten Mannschaft neues Leben eingehaucht und vor allem Sicherheit gegeben hat.

Autor: Claudio Gentile

Als gebürtiger Bochumer wurde ich das erste Mal im zarten Alter von sechs Jahren ins Ruhrstadion geschleppt. Der VfL verlor. Was auch sonst. Trotzdem ließ mich der Verein nicht mehr los und spätestens als ich ein paar Tage nach meinem ersten Stadionbesuch das legendäre Papagei-Trikot mit einem "Peter Peschel"-Flock überstreifen durfte, war es um mich geschehen. Das ist jetzt 26 Jahre, wenig Siege und viele Niederlagen her. Wo die Liebe im Fußball hinfällt, kann man sich ja bekanntlich nicht aussuchen. Und eine Liga kennt Liebe auch nicht.

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