Ein selten entspannter Sommerkick

Foto: David Matthäus

Hätte uns im März einer gesagt, dass wir in den letzten Spieltagen absolut gar nichts mehr mit dem Abstieg zu tun haben, so hätten wir wohl ohne mit der Wimper zu zucken unterschrieben. So konnte man sich am Sonntag den Sommerkick bei warmen 25 Grad und Sonnenschein ohne große Sorgen entspannt anschauen, ohne mit einem Auge die Livetabelle im Blick zu haben.

Ja, am Ende dieser Spielzeit geht es, wie so oft bei unserem VfL, weiter um das – sportlich  – leider wenig attraktive Ziel einer möglichst hohen Platzierung für TV-Gelder. Platz 6 hat man aktuelle inne, sogar Rang 5 kann man noch erreichen – einen Tabellenstand, den man Anfang des Jahres mit dicker Jacke im Stadion nicht mal mit diversen Fiege zu viel im Tank für möglich gehalten hätte. Trainer Thomas Reis hat es geschafft auch nach dem Klassenerhalt die Spannung hochzuhalten und jetzt hat es unser VfL am letzten Spieltag gegen den direkten Tabellennachbar aus Hannover in der eigenen Hand, wo man am Ende landet. Alles in allem kann man aber jetzt schon sagen – deutlich besser als erwartet.

Starke Leistungen wecken auch be anderen Vereinen Begehrlichkeiten – trotzdem hofft man noch auf eine Vertragsverlängerung: Danilo Soares. Foto: David Matthaeus Foto

So präsentierte sich unser VfL auch gegen Fürth wieder in seiner stabilen Post-Corona-Pausen-Form und schafft es in beeindruckender Weise, den Ausfall von mittlerweile sieben Spielern wegzustecken (Blum, Ganvoula, Zulj, Decarli, Pantovic, Zoller, Bapoh) – nicht wenige von ihnen wären wohl Stammspieler. Längst abgeschriebene Spieler mit teils endlosen Leistungstiefs in den vergangenen Jahren schaffen es plötzlich in einem stabilen Gerüst wieder ordentliche Leistungen zu bringen.

Jordi Osei-Tutu bestätigt von Spiel zu Spiel, dass er zwar als Rechtsverteidiger zu grün war, aber eine Position weiter vorne ein extrem wertvoller Spieler sein kann. Hier kann man wirklich nur hoffen, dass eine Verlängerung der Leihe gelingt. Genauso wie bei unserem Winter-Neuzugang Vasilios Lampropoulos, der anscheinend die perfekte Besetzung neben Eigengewächs Leitsch ist. Generell hat man aktuell eine sehr stabile Truppe. So stabil, dass man gegen Greuther Fürth den ersten Rückstand seit dem 22. Spieltag – 0:1 gegen den VfB Stuttgart – zwischenzeitlich noch in eine Führung drehen konnte. Wünschenswert wäre, vor allem mit Blick auf die vielen Fragezeichen, die diese Transferperiode im Sommer sicherlich aufgrund der äußeren Umstände haben wird, den harten Kern wenn möglich zusammenzuhalten. Und auch wenn er am Sonntag verabschiedet wurde, eine Verlängerung von Danilo Soares – gerade in der jetztigen Form – würden wir doch alle begrüßen.

VfL- Urgestein Patrick Fabian wurde der Abschied vor Fans verwehrt, zumindest kam er zu seinem letzten Spiel im Ruhrstadion. Quelle: Fabian Budde (Photomafia).

Der Bruch am Sonntag kam erst, als man hinten anfing, alles wild umzubauen, um Patrick Fabian einen letzten Einsatz im Ruhrstadion zu ermöglichen, den er auch mehr als verdient hatte. Es tut fast weh, dass ein solcher Spieler keinen würdigen Abschied vor 29.000 Zuschauern im Ruhrstadion bekommen hat. Man kann nur hoffen, dass man das in irgendeiner Weise nachholen kann, sobald wieder Zuschauer ins Stadion dürfen.

Es zeigte sich relativ schnell nach den Umstellungen, dass unser VfL in der Corona-Pause zwar verinnerlicht hatte, ein Spiel durch eigenen Fußball zu kontrollieren, aber eben nicht, wie man sich hinten reinstellt und stumpf verteidigt. Das konnten wir vor dem Virus nicht – und können wir auch aktuell nicht.

Ein Spiel hat die Saison 2019/20 noch. Eine Saison, wie sich sicherlich keiner erwartet hätte. Viele Höhen und Tiefen ist man ja als VfL-Fan gewohnt, aber das eine Spielzeit relativ entspannt und versöhnlich endet, das kennt man kaum noch. Auch mal ein nettes Gefühl.

Autor: Claudio Gentile

Als gebürtiger Bochumer wurde ich das erste Mal im zarten Alter von sechs Jahren ins Ruhrstadion geschleppt. Der VfL verlor. Was auch sonst. Trotzdem ließ mich der Verein nicht mehr los und spätestens als ich ein paar Tage nach meinem ersten Stadionbesuch das legendäre Papagei-Trikot mit einem "Peter Peschel"-Flock überstreifen durfte, war es um mich geschehen. Das ist jetzt 26 Jahre, wenig Siege und viele Niederlagen her. Wo die Liebe im Fußball hinfällt, kann man sich ja bekanntlich nicht aussuchen. Und eine Liga kennt Liebe auch nicht.

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