11 Spieltage durch – 9 Punkte – Platz 16. Die Seele des VfL-Fan ist in der Spielzeit 2019/20 schon nach nicht mal 4 Monaten geschunden wie selten. Unpassender kann ein DFB-Pokal-Spiel gegen den großen FC Bayern München eigentlich nicht kommen.
Stolz und Ehre. Anders kann man das nicht beschreiben, was gestern auf dem Platz passiert ist. Natürlich war das eines dieser Spiele, bei denen du als kleiner Verein nur gewinnen kannst. Dass sich unsere Elf aber nach den ganz schwierigen Wochen und vor allem der Vorstellung am vergangenen Freitag in Kiel dermaßen gut präsentiert, damit hat wohl niemand gerechnet. Die Erwartungshaltung vor dem Spiel ging eher in die Richtung „hoffentlich nicht zweistellig“ – als dann aber Zoller die Führung für unseren VfL schon in Minute 1 auf dem Fuß hatte, da brannte die Castroper Straße.
Ein erster Schritt in die richtige Richtung
Gegen den FC Bayern wollte der VfL, wie Trainer Thomas Reis vorher angekündigte, stabiler auftreten. Durch eine tiefere Positionierung ist dieses Vorhaben auch über weite Strecken gelungen. Es war jedoch nicht die tiefe Stellung alleine. Die Bochumer Außenspieler Simon Zoller und Danny Blum schoben gegen den Ball in die Halbräume rein. Damit hätte man sowieso schon für eine Überzahl im Zentrum gesorgt, die Bayern verstärkten dies jedoch wenig überraschend mit ihren zu großen Abständen zwischen ihren Mittelfeldspielern. Dadurch wurden die Münchner schon früh auf die Außen gezwungen.
Die große Schwäche des VfL in dieser Saison war bisher die Flügelverteidigung. Vor allem in der ersten Hälfte löste die Mannschaft die Aufageb jedoch hervorragend durch ihre Außenspieler Zoller und Blum, die sofort zurückarbeiteten und mit den Außenverteidigern die bayrischen Flügelspieler doppelten. Ebenfalls positiv zu erwähnen ist die Hereinnahme von Robert Tesche und Chung-yong Lee, die für eine verbesserte Stabilität sowohl gegen den gegnerischen Ballbesitz, als auch gegen das gegnerische Pressing sorgten.
Da geht ja wirklich was
Man erlebte auf dem Platz eine Einheit, wie man sie in dieser Spielzeit noch nicht gesehen hat. Jeder ging den extra Meter, der notwendig war, um Räume geschickt zuzustellen, keiner scheute einen Zweikampf. Jeder Ballgewinn wurde vom Publikum frenetisch gefeiert. Der große FC Bayern mit über 800 Mio. Euro Marktwert bei Transfermarkt kam gegen die 15 Millionen-Marktwert-Truppe aus Bochum nicht wirklich zu Chancen. Als dann Blum in Zusammenarbeit mit Alphonso Davies für die Führung sorgte realisierte man ganz plötzlich auf den Rängen „Scheiße, aber hier geht wirklich was.“
Man muss sich mal vor Augen führen – unser VfL schafft es tatsächlich, die Bayern bis zur 83. Minute relativ fern vom eigenen Tor zu halten. Sie müssen tatsächlich einen Lewandowski, Coutinho und Müller einwechseln, damit überhaupt mal was gefährlich nach vorne geht. Besonders hervorheben darf man bei dieser in sich guten Mannschaftsleistung einen Losilla für seine wahnsinnige Laufleistung, einen Tesche für ein hervorragendes Stellungsspiel und einen Soares, der seine Seite komplett zubetoniert bekommt. Besonders auch Bella-Kotchap liefert für seine 17 Lenzen ein ganz starkes Spiel ab. Die rote Karte wird ihm jeder verzeihen. Schafft er es, diese Leistung mit einer gewissen Konstanz abzuliefern und die Bodenhaftung nicht zu verlieren, haben wir einen ganze starken Verteidiger in unseren Reihen.
Bei allem positiven – ein kleiner Kritikpunkt geht in Richtung Blum. Bei aller offensiven Wucht, die er mitbringt und mit der er unser Angriffsspiel prägt – beide Gegentore fallen über die linke Seite, weil er den Weg nicht konsequent mitgeht. Die Flügelverteidigung, die in der ersten Halbzeit noch so außerordentlich gut geklappt hat, wollte nicht mehr so richtig. Ob’s an den schwindenden Kräften lag?
Den Schwung mitnehmen
Jetzt gilt es, den Schwung mit in die Liga zu nehmen und schleunigst mit dem Punkten anzufangen. Wir haben 23 Endspiele vor der Brust, purer Überlebenskampf. Was auf dem Platz passiert können wir Fans nur bedingt beeinflussen, aber wir können dafür sorgen, dass die Luft im Ruhrstadion brennt. Natürlich müssen sich die Spieler auch so den Arsch aufreißen, aber jeder, der schon mal Wettkampfsport betrieben hat weiß, dass die richtige Stimmung bei einem die extra 10% rauskitzeln kann, die gerade jetzt notwendig sind. Hatte sich nach dem Kiel-Spiel schon eine gewisse Resignation eingestellt, kribbelt es jetzt schon wieder mit Blick auf Montag. War das der „Neustart“, den man gebraucht hat? Auf jeden Fall war das der VfL Bochum, den alle sehen wollen.
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