Als am Sonntag, den 18.08.19, in der ungeliebten Nachbarstadt die zweite Runde des DFB-Pokals ausgelost wurde, zogen Christoph Metzelder und Stefan Kuntz für den VfL das ganz große Los. Der Rekordsieger und Titelverteidiger des Wettbewerbs kommt an die Castroper Straße. Der VfL Bochum empfängt den FC Bayern München. Jeder Bochumer wird sich seitdem die Frage gestellt haben, wie realistissch es wohl ist, die Bayern ärgern zu können. Dürfen wir träumen?
Die Bayern – Beim Umbruch entstehen Risse
Es herrscht Unruhe beim FC Bayern. Na gut, wann war es jemals ruhig beim Verein aus der bayrischen Landeshauptstadt. Der Spitzname „FC Hollywood“ kommt nicht von ungefähr. Selbst auf dem Höhepunkt des eigenen Schaffens zwischen 2013 und 2016 gab es genug Trubel. Doch auch für den FC Bayern ist die momentane Phase ungewöhnlich.
Die Auftritte der Mannschaft sorgen für reichlich Diskussionen, ob die Probleme an der fehlenden Motivation der Spieler liegt, die individuelle Qualität abnimmt, weil Spieler ihren Zenit überschritten haben oder gar zurückgetreten sind, die nicht adäquat ersetzt werden konnten, oder der Trainer den Ansprüchen eines Topclubs nicht gewachsen ist. Wie dem auch sei, die Münchner sind nach den Jahren der absoluten Dominanz wieder etwas nahbarer geworden. Ein Zustand, den man im Süden natürlich gerne wieder ändern würde, spätestens zum Champions League Finale 2022, der Neuauflage des Finale Dahoam.
Es ist sicher nicht einfach mit den Großen der Welt mitzuhalten, schon gar nicht, wenn Probleme nicht nur auf dem Platz, sondern auch abseits dessen für zusätzliche mediale Aufmerksamkeit sorgen. Denn hier treten immer häufiger frustrierte Spieler auf den Plan, deren Potenzial man im Club während dieser länger andauernden Umbruchphase vergeudet hat. Im Sommer war es noch Jerome Boateng, derzeit ist es Thomas Müller. Außerdem steht auch nach über zwei Jahren Amtszeit Sportdirektor Hasan Salihamidzic in der Diskussion, ob er genügend Fähigkeiten für seinen Posten mitbringt, oder sogar nur eine Marionette der Oberen ist. Dann wäre da noch das Nachwuchsleistungszentrum, das nach den großen Investitionen auch mal wieder einen Spieler für die eigene Profimannschaft herausbringen soll.
Zu guter Letzt gibt es noch ein weiterer Umbruch, der für Gesprächsstoff sorgt. Die Granden nehmen in Kürze ihren Hut. Als erstes legt Uli Hoeneß sein Amt nieder. Bereits im Sommer haben die Gerüchte für Aufruhe gesorgt und im kommenden Monat wird es nun Wirklichkeit. Sein Nachfolger steht in Herbert Hainer schon in den Startlöchern. Der nächste wird Karl-Heinz Rummenigge sein, dessen Vertrag 2021 endet und der bereits seinen Protegé Oliver Kahn einarbeitet.
Ein solcher Wandel bietet genügend Nebenschauplätze, die keine Ruhe einkehren lassen. Die aktuellen Ergebnisse tun da ihr Übriges. In den letzten Spielen machte sich beim FC Bayern eine Defensivschwäche erkennbar, denn jeweils zwei Gegentreffer in den letzten fünf Pflichtspielen entsprechen nicht dem eigenen Anspruchsdenken. Ein Trainer, der schon während der letzten Saison von Teilen des Vereins angezählt wurde, steht infolgedessen sofort wieder in der Kritik. Ein Glück, dass Niko Kovac auf Robert Lewandowski bauen kann. Der Pole ist in der Form seines Lebens und täuscht zumindest über die Schwächen, die sich in der Offensive abzeichnen, hinweg. Ein Niederlage in Bochum und es wird düster an der Säbener Straße.
BO-bachtet – Bayerns Punktverlust beim FCA
Die Bayern haben gegen den FC Augsburg ein großes Loch in ihrem Spiel offenbart – das Loch in der Mitte. So beispielsweise in der Nachspielzeit der ersten Hälfte geschehen. Der Achter (Thiago, im Beispiel jedoch Martinez) und der Zehner (Coutinho) der Münchner rücken sehr weit auf und schieben leicht auf die Außen raus. So bleibt lediglich der Sechser im Zentrum übrig und muss diese Zone allein bespielen. Im schlimmsten Fall lässt er sich noch (wie im Beispiel) zwischen die Innenverteidiger fallen und die Mitte ist komplett verwaist.
Die Folge ist eine nicht existente Verbindung zwischen den drei Zentrumsspielern. Die Bayern zwingen sich dadurch selbst zu einem Aufbau über die Flügel. Auf den Außen sind sie aufgrund der eingeschränkten Wegoptionen einfacher zu verteidigen. Der VfL muss für ein möglichst erfolgreiches Spiel somit das Geschenk der Bayern annehmen und dessen Mittelfeldspieler mit einem eigens kompakten Zentrum voneinander abschneiden, um im Anschluss den Ball auf den Außen zu gewinnen, oder den FCB zum Flanken zu zwingen.
Das Problem im eigenen Ballbesitz ist zugleich die Schwäche sobald der Gegner an den Ball gekommen ist. Ohne Verbindungen zueinander und einer fehlenden Kompaktheit gestaltet sich ein erfolgreiches Gegenpressing schwierig. Die offenen Räume hinter den Achtern oder neben dem Sechser bieten gute Zielzonen nach dem Ballgewinn. Zudem ist es nicht gerade Thiagos Paradedisziplin als Abräumer vor der Abwehr zu agieren. Von dort aus können Gegenangriffe gestartet werden, wie es die Augsburger beim 2:2 machten. Beim Treffer des FCA bot sich Cordoba im Zwischenlinienraum an. Er hat genug Platz für eine kontrollierte Aktion gegen den heraneilenden Münchner Verteidiger. Die Folge? Eine fünf zu drei Überzahl für Augsburg, da die restliche Bayern Mannschaft noch aus ihrer entfernten Position zurückeilen muss.
Historie – Die Vorbilder von 1968
Der VfL Bochum traf im Pokal schon sechs Mal auf die Bayern. Die Bilanz aus diesen Partien ist wenig verwunderlich eine Negative. Der FC Bayern kann vier Siege für sich verzeichnen, darunter auch die letzten beiden Begegnungen, welche noch nicht allzu lange her sind.
Diese standen ganz im Zeichen des Arjen Robben. Im Dezember 2011 schoss der Flügelstürmer der Bayern den 2:1 Siegtreffer in der 90. Minute. So kurz vor der Verlängerung, nachdem die Bochumer einen tollen Kampf geliefert hatten und sogar 1:0 durch Giovanni Federico in Führung gingen. Im Februar 2016 tat sich der Rekordpokalsieger ebenfalls schwer im Ruhrstadion, so wurde der Bann erst kurz vor der Pause gebrochen. Durch einen Elfmeter, herausgeholt vom eben jenen fliegenden Holländer.
An die Partien werden sich die meisten wohl sehr gut erinnern können, doch blättert man in den Geschichtsbüchern ein wenig weiter nach hinten, so findet man sogar einen Sieg, der die Bilanz schmückt. Am 18. Mai 1968 kamen die Bayern ins Ruhrgebiet, als der VfL noch gar kein Bundesligist war. Das erste Aufeinandertreffen der beiden Clubs also. Im Aufgebot der Bayern fanden sich Größen wie Sepp Maier, „Katsche“ Schwarzenbeck, Gerd Müller und Kaiser Franz Beckenbauer persönlich wieder. Dennoch gelang dem VfL schon früh die Führung (Jürgen Jansen, 5. Minute) und kurz nach der Halbzeit konnte diese noch weiter ausgebaut werden (Werner Balte, 56. Minute). So konnte selbst der späte Anschlusstreffer (Rainer Ohlhauser, 90. Minute) den Bochumer Finaleinzug nicht mehr verhindern.
Bochumer Helden: Horst Christopeit, Gerd Wiesemes, Dieter Versen, Erich Schiller, Heinz-Jürgen Blome, Werner Jablonski, Karl-Heinz Böttcher, Gustav Eversberg, Heinz Höher, Jürgen Jansen und Werner Balte, Hermann Eppenhoff (Trainer)
Ein Spiel, indem der VfL Bochum nur gewinnen kann. Schon die letzten Mannschaften aus der viel zu langen Zeit als Zweitligist haben sich wacker geschlagen. Das jetzige Team hat die Chance sich an diesem Abend in die Herzen der Anhänger zurückzuspielen. Dafür müssen sie wie ihre Vorgänger sein! Nein, am besten wäre, sie sind wie die Mannen von 1968 und schlagen einen starken, aber dennoch leicht schwächelnden FC Bayern. Lasst uns zumindest so lange wie möglich träumen.
P.S.: Morgen gibt es für euch noch ein Interview mit Bayern Experte Justin Kraft vom „Mia San Rot“ – Blog.
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