Seit der letzten Torschau ist einiges an Zeit vergangen. Auf das Spiel gegen die SpVgg Greuther Fürth folgte zunächst eine torlose Partie beim SV Darmstadt 98 und in der letzten Woche gab es private Gründe für eine Auszeit. Aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben und somit geht es in unserer heutigen Ausgabe der „Torschau“ um beide vergangenen Partien unseres VfL aus Bochum.
FC Erzgebirge Aue – VfL Bochum 1848
1:0, Tor Zulechner:
Beim ersten Gegentreffer ist es gleich eine Ansammlung mehrerer Fehler. Angefangen mit Robert Tesche, der noch in der gegnerischen Hälfte eine Mannorientierung zu einem Spieler aufrecht erhält, der durch Saglams Deckungsschatten sowieso nicht anspielbar war. Er hätte sich weiter links orientieren müssen, um das Feld in Ball-Nähe weiter zu verengen. Fraglich ist sein Verhalten vor allem, weil er mit dem Schulterblick genau die betreffende Zone anschaut und eigentlich auch den zurückfallenden Hochscheidt hätte sehen müssen.
Stattdessen wird Hochscheidt bis hin zur Mittellinie von Tim Hoogland verfolgt, der damit die Viererkette verlässt, obwohl der restliche Teil der Kette die entstehende Lücke noch gar nicht schließen konnte. Außerdem entsteht durch das Herausrücken in der letzten Linie ein 3 gegen 3.
Armel Bella-Kotchap ist das beste Beispiel für den Part, der noch nicht darauf ausgerichtet war, Hooglands Lücke zu schließen. Er hätte sich im Normalfall exakt dort hingehört, wo schließlich auch der Ball landen sollte. So muss er erst zum Ball eilen und dann kann man über ein energischeres Eingreifen sprechen.
Dominik Baumgartner ist während der gesamten Szene falsch positioniert. Er befindet sich weiter vom Tor weg als sein Gegenspieler, wordurch dieser und nicht Baumgartner den weitergeleiteten Ball von Testroet bekommt. Aufgrund einer nicht ganz so optimalen Ballmitnahme kann er jedoch noch einmal aufholen und kann sich zwischen Ball und Tor postieren. Ab diesem Zeitpunkt hätte er Zulechner nicht attackieren, sondern erstmal stellen sollen. Vom Stellen des Gegners, folgt das Lenken (Info: in der Spielfeldmitte, wenn es geht, immer in Richtung schwacher Fuß), evtl. eine erneute Tempoaufnahme und erst dann die Balleroberung. Bis zu diesem Zeitpunkt wäre aber auch der restliche Mannschaftsteil bereits zurückgeeilt gewesen.
2:0, Tor Testroet:
Die Phrase kennt jeder: „Ein Fehler im Aufbauspiel ist immer gefährlich“. Und für den VfL in dieser Situation auch kostspielig. Ein Fauxpas in der Ballannahme von Robert Tesche landet über Hochscheidt in den Füßen von Testroet, der dann aus ca. 20m auf das Tor schießt und Manuel Riemann sieht ähnlich unglücklich aus, wie sein zuvor genannter Teamkollege.
2:1, Tor Hinterseer:
Ein Dribbling von Robert Tesche durch den rechten Halbraum lockt Innenverteidiger Breitkreuz aus der Kette und ermöglicht einen Vertikalpass durch die entstandene Lücke in den Sechzehner hinein. Milos Pantovic, der mir dem Körper zum Ball ausgerichtet ist, hat dadurch einen Geschwindigkeitsvorteil gegenüber Linkverteidiger Kral und kann damit den größeren Abstand zum Ziel wettmachen. Krals Körper zeigt die gesamte Szene über in Richtung Pantovic, dadurch hat er a) einen Wahrnehmungsnachteil und (b) muss er die Seite für seine Drehung wählen, die für den Weg zum Ball hin länger dauert. Pantovic kann ungehindert zur Grundlinie laufen und den Ball ins Zentrum flanken. Im Zentrum hat Lukas Hinterseer ein 1 gegen 1 Duell mit Innenverteidger Kalic. Er bewegt sich schon während des Passes von Tesche intelligent in dessen Rücken und ermöglicht Kalic damit nur durch gelegentliche Schulterblicke seine Position wahrzunehmen. Von dort an reichen zwei einfache Körpertäuschungen, um den Innenverteidiger zu verwirren und sich von ihm voll und ganz zu lösen. Das Kopfballtor ist dann nur noch Formsache.
2:2, Tor Ganvoula:
Ein oft vorkommender Fehler im Abwehrbund beschert dem VfL den Ausgleich – schlechtes Verschieben. Die Viererkette verschiebt in Richtung des Balles, doch ist die Übergabe der jeweiligen Mannorientierungen noch nicht vollendet, während Jannik Bandowski bereits die Flanke schlägt. Linksverteidger Kral befindet sich also noch im Rücken von Ganvoula, der so in die Lücke zwischen ihm und Innenverteidger Breitkreuz gelangen und zum Ausgleich einköpfen kann.
3:2, Tor Nazarov:
Elfmeter.
VfL Bochum 1848 – FC Magdeburg
1:0, Tor Ganvoula
Unser Kongolese trifft zum zweiten Mal in Folge. Allem voraus ging ein langer Ball von Manuel Riemann bis knapp 16m vor das gegnerische Tor. Während der Ball noch in der Luft ist, gelangt Lukas Hinterseer zwischen beide Innenverteidiger und kann sich somit frei/ungehindert zum Zielpunkt des Balles bewegen. Gleichzeitig verschätzt sich Jan Kirchhoff, sodass Hinterseer auch bei der Ballannahme einen Freiraum zwischen Innenverteidiger Tobias Müller im eigenen Rücken und selbst in dem von Kirchoff vorfindet. Dieser Raum (ca. 3m x 1x) ermöglicht ihm eine kontrollierte Ballan-, sowie -mitnahme. Den eigenen Schuss kann der während des Prozesses angenäherte Müller noch abblocken, liegt dadurch aber auf dem Boden und ist aus dem Spiel. Der Ball prallt von Müller glückicherweise gegen den zurückeilenden Kirchhoff zurück zu Hinterseer, der nun mit seinem Pass auf Ganvoula die 2 zu 1 Überzahl im betreffenden Teilbereich des Feldes auszuspielen weiß. Sein Sturmpartner muss nur noch vollenden.
2:0, Tor Baumgartner
Magdeburg möchte den Freistoß von Milos Pantovic, rechts vom Sechzehner, in einer Raumdeckung verteidigen, wobei sich durch die Aufstellung schon im Vorfeld klare Mannorientierungen ergeben. Dominik Baumgartner ist davon nicht betroffen und orientiert sich dementsprechend zwischen den Linien. Nach Ausführung des Freistoßes macht Magdeburgs Stürmer Christian Beck, der sich in der letzten Linie am kurzen Pfosten befindet, zwei Schritte nach vorn, wodurch er die Flanke hinterläuft und hinter sich einen neuen Raum für Baumgartner schafft, in den dieser hineinstößt und mit seinem Kopfball den Vorsprung ausbauen kann. Jan Kirchoff soll allerdings ebenso erwähnt sein, der im Gegensatz zu Beck, Baumgartner nicht im Rücken, sondern im Blickfeld hat und sich nicht in dessen Weg orientiert.
3:0, Tor Weilandt
Ein langer Ball ist die Einleitung zum letztendlich gelungenen Konter. Die Magdeburger sind weit aufgerückt, wodurch in letzter Linie ein 2 gegen 2 entsteht, und noch nicht geordnet. So besteht zwar die erwähnte 2 gegen 2 Situation, doch es fehlt jegliche Zugriffmöglichkeit auf Tom Weilandt. Silvere Ganvoula kann den langen Ball im Luftzweikampf festmachen und mit der Brust auf Anthony Losilla ablegen, welcher technisch sauber auf den alleinstehenden Weilandt spielt. Der kann nun durch den rechten Halbraum bis zum Sechzehner marschieren und Torwart Brunst schenkt ihm das Tor. Wenn der Torwart auf seine Linie zurückeilt und nicht vor dem Fünfmeterraum verharrt, müsste unser Mittelfeldmann in Richtung Tor ziehen, wodurch Verteidiger Erdmann vielleicht sogar eine Chance auf den Ball erhält. So fällt jedoch ein schönes Tor.
3:1, Tor Bülter
Zwischen der Viererkette unseres VfL und dem am höchsten positionierten Stürmer liegen nur ca. 25 Meter. Dennoch hat man im Mittelfeld keinen Zugriff und der Gegner genug Raum/Zeit, um einen kontrollierten langen Ball auf die linke Seite hinter die aufgerückte Abwehrkette zu spielen. Der noch nicht allzu lang wieder genesene Jannik Bandowski verliert in der Folge das Laufduell, weil er sich noch um 45 Grad drehen muss (und logischerweise noch nicht bei 100% seiner eigentlichen Höchstgeschwindigkeit sein kann), während Gegenspieler Chahed direkt in Richtung Ball starten konnte. Die Abwehr muss im Vollsprint zurück in den Sechzehner, die Augen in Richtung Ballführenden gerichtet, den Bandowski aus seiner Position heraus nicht ohne einen Elfmeter zu verschulden von einer Hereingabe abhalten kann. Der Ball findet mit Bülter einen Abnehmer im Rückraum auf Höhe des zweiten Pfostens und kann leicht im Tor versenkt werden.
4:1, Tor Weilandt
Jannik Bandowski ist im linken Halbfeld in Ballbesitz und in Erwartung der auch folgenden Flanke stiehlt sich Tom Weilandt in den Rücken seines Gegenspielers und verschafft sich einen kleinen Freiraum, in den Bandowski zielsicher seine Flanke schlägt. Nico Hammann (Weilandts Gegenspieler) verschätzt sich zusätzlich, unterläuft den Ball, woraufhin unser Doppeltorschütze den Ball mit der Brust verarbeiten und einnetzen kann.
Zwischenruf: Ich habe eine Weile über die mögliche Aussage der verschiedenen DDR Flaggen im Hintergrund sinniert. Sollte sich ein Fan des 1.FC Magdeburg hierher verschlagen haben, dann kläre mich doch bitte über die Kommentarfunktion oder via Twitter darüber auf.
Genug der Ablenkung und zurück zu den Geschehnissen vor dem Auswärtsblock voller Magdeburger.
4:2, Tor Beck
Eckball. Der VfL verteidigt in seiner bekannten Kombination aus Mann- und Raumdeckung. Die Magdeburger sind teilweise bis in den Fünfmeterraum vorgerückt, so auch Torschütze Christian Beck. Durch seinen Körper blockiert er den eigentlich raumdeckenden Tim Hoogland vom Herausrücken, sobald die Hereingabe erfolgt. Er bewegt sich nun aus den Fünfmeterraum heraus, setzt sich mit einem legalen Armstoß ab und bringt so den benötigten Platz zwischen sich und Hoogland und betreibt damit letztendlich noch ein wenig Ergebniskosmetik.
Auch Analysen bieten einen Interpretationsspielraum. Ihr bewertet eine Szene anders? Teilt mir eure Meinung gerne über die Kommentarfunktion mit. Bis zur hoffentlich mit Bochumer Toren vollgepackten nächsten Woche!
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