Neues Spiel, neues Glück! Glück könnte unser VfL derzeit wirklich gut gebrauchen. Am Sonntag um 13:30 Uhr kommt Union Berlin ins schöne Ruhrstadion. Die Eisernen werden den großen Erwartungen vieler gerecht und spielen derzeit um den Aufstieg mit. Im Hinblick auf die Partie habe ich mich mit Daniel vom „Eiserne Ketten“ -Blog in Verbindung gesetzt und ein kleines Interview mit ihm geführt. Wir wollen euch einen Einblick beim Gegner selbst und dessen Erwartungen an das Aufeinandertreffen beider Mannschaften ermöglichen.
[JA] Nach einem schleppenden Saisonstart begann Mitte der Hinrunde der Auftrieb. Wieso kam man erst nicht so richtig in Fahrt und uns Bochumer interessiert vor allem, wie gelang der Umschwung?
[Daniel Roßbach] Ich bin mir zunächst nicht sicher, ob ich dieser Beschreibung von Unions Saison zustimmen würde. Denn einerseits begann die Saison mit zunächst zwei Siegen in Ingolstadt und gegen Kiel und dann Unentschieden in Nürnberg und gegen Bielefeld an Ergebnissen gemessen zwar nicht perfekt, aber durchaus ordentlich. Der Saisonstart erschien erst durch die nächsten drei Spiele (0 S /1 U /2 N) in einem etwas fahleren Licht. Andererseits lässt sich – in den meisten Bereichen – keine lineare Entwicklung der Leistungen von dieser Phase zu der am Beginn der zweiten Hälfte der Hinrunde ausmachen, als Union mit guten Ergebnissen den Anschluss zur Ligaspitze wieder herstellte. Vielmehr zogen sich gewisse Probleme durch die Saison:
Dass Union Schwierigkeiten mit Kontern oder langen Bällen auf die Flügel hat, weil die offensive Spielweise der Außenverteidiger oft nicht abgesichert wird, zeigte sich gegen Kiel wie gegen Darmstadt. Und immer wieder gab es Phasen, in denen sich die Mannschaft weniger Ruhe im Spielaufbau zugestand als sowohl ihre Qualitäten als auch die Spielsituation nahegelegt hätten. Dagegen sind die Stärken der Mannschaft im Vergleich zur letzten Saison nicht neu: Pressing und Gegenpressing sind nach einer Eingewöhnungsphase am Saisonbeginn wieder intensiv, die individuelle Qualität ist im Ligavergleich weiter hoch und die offensiven Außen sind gut eingebunden.
Der klarste Marker zwischen der negativen und der positiven Serie von Ergebnissen ist so Grischa Prömel, der in die Startelf rückte und gegen den Ball mehr von Stephan Fürstners antizipatorischen Fähigkeiten nachweisen konnte, als zu vermuten war, dabei aber fast noch sicherer und kreativer im Passspiel ist.
Kannst du uns einen kurzen Überblick zur taktischen Ausrichtung Unions verschaffen? Was erwartet uns?
Der taktische Fokus der Union-Mannschaft von Jens Keller und Henrik Pedersen liegt klar auf Pressing, Gegenpressing und Umschaltspiel. Obwohl die Mannschaft die individuelle und kollektive Qualitäten hat, mehr zu kombinieren und spielerische Lösungen zu finden, bemüht sie sich sehr, nach Ballgewinnen zu Schnellangriffen zu kommen. Dabei besetzen die Außenverteidiger bis ins letzte Drittel die Flügel, während die nominellen Außenstürmer im 4-3-3 / 4-2-3-1 sich eher in den Halbräumen aufhalten und die Aufgabe haben, aus Abwehr und defensivem Mittelfeld anspielbar zu sein und Angriffe schnell Richtung Tor zu lenken.
Wo liegt die Stärke in Unions Spiel, also wovor muss der VfL sich wappnen und was siehst du als Schwäche bei den Eisernen an?
Unions Stärken passen zu der gerade beschriebenen Spielweise: Neuzugang Marcel Hartel zeigte sich sehr gut darin, in kleinen Räumen technisch versiert Lösungen zu finden und öffnet so (wie auch Akaki Gogia) in Umschaltsituationen oft Räume, die vor allem der sehr schnelle und in dieser Saison auch abschlussstarke Linksaußen Simon Hedlund effektiv nutzen kann. Eine in den letzten Wochen überraschend aufgetretene Schwäche ist die Restverteidigung vor allem nach Flanken, die man wegen der bereits erwähnten Probleme in der Konter- und Flügelabsicherung auch zu häufig und unbedrängt zulässt. In der Innenverteidigung offenbarten nun (der eigentlich weiterhin exzellente) Toni Leistner und Marc Torrejón vermehrt Koordinations- und Orientierungsprobleme und ließen damit recht freie Abschlüsse zu.
In der letzten und im Vorfeld zu dieser Saison wurde Steven Skrzybski bei vielen Leuten hoch gehandelt. Wie kommt es dazu, dass er nun nicht mehr so oft zum Einsatz kommt?
Steven Skrzybski [Skrippski] ist aktuell in einer … suboptimalen Situation. Das hat zwei Gründe: Erstens gibt es in Unions Kader inzwischen mehr und bessere Alternativen, gerade auf den Offensivpositionen, als in den letzten Jahren, in denen sich das Eigengewächs (im Verein, seit er neun Jahre alt war) in der Profimannschaft durchgesetzt hat. Und Skrzybski war zweitens deutlich von seiner Bestform entfernt in den Spielen bevor und nachdem er wegen einer Achillessehnenreizung für ein paar Spiele ausfiel (schönen Toren zum Trotz). Dazu kommt, dass Jens Keller dazu neigt, Startelfplätze relativ fest zu vergeben, sodass es nun irgendeines Anlasses bedarf, Akaki Gogia wieder hinter Skrzybski einzusortieren. Abzuwarten bleibt, ob Skrzybskis öffentliche Unmutsbekundungen zu einer weiteren Verschlechterung seiner Lage führen werden. Taktisch gibt es jedenfalls keinen wirklichen Grund, Skrzybski zu marginalisieren: Gogia liegen Kombinationen auf engem Raum besser und seine Technik ist sauberer, dafür ist Skrzybski effektiver im Pressing und Abschluss. Beide passen in Unions System.
Warum spielt Kreilach noch immer nicht für einen Erstligisten? Gibt es weitere Spieler, die für das Oberhaus in Frage kommen?
Tja, das habe ich mich gelegentlich auch gefragt. Kreilachs Schwäche liegt am ehesten darin, dass er sich etwas zu aggressiv nach vorn orientiert und (gerade wenn er auf der 10 oder offensiven 8 spielt) die Verbindungen im Mittelfeld darunter leiden. Aber gerade das ist ja in der Bundesliga wohl kaum ein Hinderungsgrund. Dagegen ist Kreilach dynamisch, robust im Zweikampf mit wenigen unnötigen Grätschen, abschlussstark und effektiv bei offensiven Standards. Trotz alledem hatte der Kroate in dieser Saison ebenfalls Schwierigkeiten, in Unions Mannschaft zu kommen. Weil Hartel und Prömel sich durchsetzen konnten und Felix Kroos (bis zum Spiel gegen Darmstadt) gesetzt war, blieb von Unions FKK-Mittelfeld aus der vergangenen Saison oft nur der immer-noch Kapitän Kroos übrig. Ansonsten sind einige Union Spieler sicher bundesligatauglich: Einer der Torhüter Mesenhöler und Busk wird Union fast sicher nach dieser Saison verlassen – wahrscheinlich Mesenhöler. Zumindest mittelfristig ist für ihn die erste Liga realistisch. Toni Leistner wird wohl im Sommer, wenn er nicht mit Union aufsteigt, Angebote aus der Bundesliga und der englischen Championship oder vielleicht sogar Premier League bekommen. Bundesligapotential haben darüber hinaus neben Skrzybski auch Prömel, Hartel, Hedlund, Pedersen und eigentlich auch Philipp Hosiner.
Wo wir gerade dabei sind. In Bochum kam unter der Woche das Gerücht auf, dass Görkem Saglam im Winter auf eure Seite wechseln wird. Was würdest du davon halten? Siehst du auf der Position Bedarf?
Dieses Gerücht ist mir neu, und Union hat im zentralen Mittelfeld gerade eher das Problem, zu viele Spieler zu haben, wie Kreilachs Fall ja zeigt. Denn außer ihm sitzen auch mit Stephan Fürstner und Dennis Daube regelmäßig Spieler auf der Bank, die in vielen Zweitligamannschaften gesetzt wären. Und mit Cihan Kahraman hat Union seinen eigenen 19-jährigen ZM, der keine Einsatzminuten bekommt – von vielleicht vielversprechenden Spielern der U19 ganz abgesehen. Jemand wie Saglam würde da eigentlich nur als Teil eines Kader-Neuaufbaus passen, der nach einem verpassten Aufstieg in dieser Saison nötig wäre.
Abschließend hätte ich gerne noch einen Tipp für das Spiel von dir.
Es tut mir leid, aber: Ich erwarte einen Sieg Unions, sagen wir 1-2.
Daniel, herzlichen Dank, dass du uns zur Verfügung standest. Wir wünschen allen Union Fans eine gute Anreise und freuen uns auf das Spiel.
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