Als Fan des VfL Bochum ist man leidensfähig. Auch wenn die letzten drei Jahre durchweg erfolgreich waren, haben die wenigstens vergessen, wo wir herkommen. Ich persönlich zähle mich auch zu den Leuten, die eher einen moderaten Ton bei Kritik anschlagen und versuchen, das Gesehene in einen Gesamtkontext einzuordnen und nicht aus der Emotion heraus mit der Axt durch den Wald zu gehen. Ein Kommentar.
Gestern war für mich ein Punkt erreicht, wo ich das erste Mal seit langer Zeit mal wieder ein Gefühl von innerlicher Resignation in der Magengrube verspürte. Dass man mal ordentlich auf die Schnauze fliegen kann, vor allem, wenn man ein komplett neues System einführt, ist ein normaler Prozess. Dass sich eine Mannschaft aber inkl. Pokal in sieben Spielen satte vier Mal als Totalausfall präsentiert, das darf nicht passieren. Hatte man nach Dortmund, Augsburg und Frankfurt die Hoffnung, dass die Mannschaft nun langsam ihre Abläufe gefunden hat, haben München und das gestrige Spiel gegen Gladbach diese Hoffnung komplett zerstört.
Es passt nichts
Es passt vorne und hinten nichts. Die Aufteilung der Räume. Das Zweikampfverhalten. Das Rausrücken. Alles wirkt stümperhaft. Automatismen? Fehlanzeige. Natürlich ist es ein Faktor, wenn ein zentraler Spieler wie Bero früh ausfällt. Doch wenn man auch nur im Ansatz versuchen sollte, die Niederlage darauf zu schieben, tut man sich keinen Gefallen. Schon in den ersten Minuten mit Bero auf dem Platz hatte Gladbach deutlich mehr Zugriff auf das Spiel und kam so zu Chancen.
Jimmy für Bero einzuwechseln, damit hat sich Letsch in meinen Augen keinen Gefallen getan. Tut sich die Mannschaft immer noch schwer im 3-5-2, so war spätestens mit Jimmy und der Umstellung auf ein 3-4-3 die komplette Statik im Eimer. Es funktionierte nichts, aber auch gar nichts mehr. Dadurch, dass unsere Elf stark mannorientiert verteidigte und Gladbach gut verschob entstanden extreme Lücken. Die komplette Abstimmung zwischen Wittek, Bernardo und Losilla war eine Katastrophe auf der linken Seite. Kam jetzt noch unser typisches Rausrücken von Masovic dazu, entstanden riesige Räume, die jedes Team in der Bundesliga nutzen würde. Die Lücken zwischen Abwehr, Mittelfeld und Angriff waren extrem. So extrem, dass man keinen zweiten Ball gewinnen konnte. Auch gegen, bei allem Respekt, Darmstadt, wären wir gestern untergangen.
Fragen über Fragen
Auch wenn man schon tolle Ansätze gesehen hat, langsam muss die Frage erlaubt sein, ob die Umstellung auf dieses fluide System von Letsch wirklich der richtige Weg ist oder wir uns damit nicht ins eigene Fleisch schneiden. Mit 19 Gegentoren sind wir auf dem besten Weg, wie im letzten Jahr die Schießbude der Liga zu sein. Denn auch offensiv war gestern außer Langholz nicht viel. Natürlich werden jetzt wieder die typischen Phrasen a la „Sicherheit bekommen“ und „die einfachen Dinge richtig machen kommen“ – nur ist halt die Frage, ob da nicht mehr Wahrheit dran ist als man sich eingestehen möchte.
Dass die Mannschaft in der zweiten Hälfte deutlich besser auftrat, im 4-3-3 möchte ich nicht überbewerten. Gladbach tat nur noch das nötigste. Auch will ich nicht einzelne Spieler rauspicken und noch zusätzlich draufhauen. Bringt nichts, das war gestern ein kollektiv schlechte Leistung.
Was passiert jetzt?
Ich bin gespannt, wie Letsch auf die letzten beiden Vorstellungen reagiert. War das Umfeld und auch die Vereinsführung nach der Klatsche in München noch recht ruhig, sollte Gladbach nun „Schlag in die Fresse“ genug sein, dass alle mal wach werden. Mit Leipzig und Freiburg stehen nun auch zwei Gegner vor der Tür, bei denen man im Normalfall auch nichts holt. Danach kommen die Wochen der Wahrheit. Und wenn wir hier nicht ganz schnell ein Leistungsniveau erreichen, das uns Punkten lässt, kann der Rucksack, den man mit sich rumträgt, im Extremfall sehr schnell sehr groß werden. Denn das, was wir gestern gesehen haben, kann man das überhaupt Leistung nennen? Ich glaube nicht.
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