Gutes Spiel ohne Punkte gegen Hoffenheim

Motivation, Wille und Kampf bleiben aufgrund ausbleibender Effizienz unbelohnt

Hängende Köpfe bei der Mannschaft - Aufmunterung von den Rängen.

Unser VfL Bochum verliert das Heimspiel am 24. Spieltag der ersten Bundesliga gegen die TSG Hoffenheim mit 0:1. Ein solider, weitestgehend von Kampf und Einheit geprägter Auftritt reicht nicht aus, um die Serie von zuletzt drei ungeschlagenen Spielen in Folge auszubauen. Die Steilvorlage, die die Ergebnisse auf den anderen Plätzen boten, bleibt ungenutzt. So verbleiben wir mit 17 Punkten auf dem 16. Tabellenplatz und müssen einen Dämpfer schlucken, bevor es in den kommenden vier Wochen gegen harte Brocken anzutreten gilt. Ein Kommentar.

Dieter Hecking schickte in Form des variablen ‚3-5-2‘ / ‚5-3-2‘ die identische Formation Blau-Weißer aufˋs Grün, die vergangenen Spieltag ein (mehr als) respektables 1:1 in Wolfsburg erkämpfte. Flügelwühler Gerrit Holtmann musste aufgrund eines Muskelfaserrisses passen und wurde durch Maximilian Wittek ersetzt. Für die kurzzeitig erkrankten und von Hüftproblemen geplagten Erhan Masovic und Ivan Ordets rutschten Jakov Medic und Felix Passlack in die erste Elf.

Gute zwei Stunden später spuckte die Statistik folgende Zahlen aus: 12:10 Torschüsse, 383:290 Pässe, 23:12 Flanken und 58:42% Prozent Ballbesitz. Was sich zunächst ganz erotisch liest wird vom abschließenden – und entscheidenden – Fakt gekillt: 0:1 Tore. Erstmals seit dem 29.10.2008 verloren wir ein Heimspiel gegen die TSG Hoffenheim. Was geschah zwischen 15:30 und 17:30 anne Castroper?

Offenes Visier auf beiden Seiten in Halbzeit eins

Die ersten Minuten des Spiels ließen sich gut ansehen. Beide Mannschaften starteten offen und präsentierten sich offensiv und gewillt, etwas zu reißen. Nach zehn Minuten köpfte Medic die Kugel an den Außenpfosten, was die einzig nennenswerte Aktion bis zur 37. Minute blieb.

Da zwang Hoffenheims Anton Stach Timo Horn mit einem Distanzschuss zu einer ersten Klatschabwehr. Andrej Kramaric schlenzte wenig später noch einen Abschluss aus dem Sechzehner in Richtung Ostkurve, anschließend ertönte schon der Pfiff zur Pause.

Hatte eine der wenig erspielten Großchancen auf dem Kopf: Jakov Medic. Foto: VfL Bochum.

Zwar ließen sich kaum gefährliche Abschlüsse erspielen, dennoch fand ich den Auftritt unserer Jungs bis dahin passend. Über weite Teile waren Präsenz, Wille und Motivation zu sehen. Auch an Laufstärke und Einsatz fehlte es nicht. Matus Bero und Tom Krauß boten auf den Achterpositionen in der Zentrale vor Sechser Ibrahima Sissoko erneut ein gut aufeinander abgestimmtes Aufbauspiel mit Drang nach vorne und variablem Ausweichen in die Außenbereiche.

Powerplay, Einknicken, Gegentor – Halbzweit zwei hatte alles (und nichts)

Coach Dieter schien in der Kabine den richtigen Ton getroffen zu haben. Die ersten Minuten nach dem Wiederbeginn waren stark. Hohes Pressing, aggressiverer Offensivdrang und ein stimmungstechnisch schnell positiv angestecktes Stadion sorgten für Optimismus. Tim Oermann sägte TSG-Stürmer Gift Orban in Minute 67 bärenstark die Kugel vom Fuß. Dass dieser daraufhin fiel und einen Strafstoß forderte, sorgte nach der VAR-Prüfung lediglich dafür, dass sein Co-Trainer Frank Fröhling sich eine rote Karte ermotzte.

Fünf Minuten später prügelte Tim Bischof aus dem linken Halbfeld eine flache Flöte in Richtung unseres Kastens. Der sich lang ziehende Aufsetzer rutschte unserem Schnapper Horn, vermutlich durch eine Platzunebenheit begünstigt, durch die Handschuhe und schlug ein – 0:1. Dass der Frust über das, zu der Zeit tendenziell aus dem Nichts kommende, Gegentor tief saß, war von dort an klar zu sehen.

Mit Ausnahme zweier Kopfbälle durch Hofmann und Bernardo konnten unsere Jungs bis zum Abpfiff nichts mehr erspielen. Daran änderten auch die eingewechselten Koji Myoshi, Moritz Broschinski, Dani de Wit, Mats Pannewig und Samuel Bamba nichts mehr.

Gesunde Reflexion bei Team und Coach

Philipp Hofmann und Timo Horn stellten sich nach dem Spiel den Mikrofonen. Der sichtlich geknickte Horn entschuldigte sich bei seinem Team, aufgrund seines Fehlers den Rückstand verursacht zu haben. Hecking verteidigte ihn, indem er einen „Scheißhuckel“ im Ruhrstadion als Mitverursacher des Tores bewertete.  Horn selber zeigte jedoch Rückgrat und nahm die Bude komplett auf seinen Nacken.

Hofmann sortierte den VfL als die bessere Mannschaft ein und zeigte sich verärgert, nichts Zählbares daraus geschöpft zu haben. Dabei betonte er, dass es daran scheiterte, in den vorhandenen Druckphasen nicht die Qualität zum Erzielen eines Tores gehabt zu haben. Dennoch hoben beide hervor, mit dem kollektiven Gesamtauftritt zufrieden zu sein.

Konnte am Samstag leider nicht bedrohlich aufˋs Tor ballern: Philipp Hofmann. Foto: VfL Bochum

Am späten Samstagabend war Dieter Hecking zu Gast im „ZDF Sportstudio“. Vor dem Spiel gab er an, „wieder am Maximum arbeiten“ zu wollen und „eine sehr gute Energie“ im Abschlusstraining vernommen zu haben. Anschließend resümierte er: „Es war mehr für uns drin. Aber ich habe diese Niederlage abgehakt, denn ich habe viel Gutes gesehen“. Grinsend legte er zuletzt nach, dass das Team seine Qualitäten kommende Woche erneut zeigen kann, da man dort „nur beim FC Bayern München spielt“.

Trotz des Ärgers über die gestern ausgelassene Chance, sich tabellarisch zu festigen, freut es mich persönlich, dass es allen Beteiligten gelingt, die aktuelle Situation adäquat zusammen zu fassen. Mit Offenheit, Demut, Humor und Zuversicht.

Leere Hände und dennoch ein Schritt in die richtige Richtung

Das gestrige, wenn auch punktlose, Spiel sorgt dafür, dass ich mit einem einigermaßen guten Bauchgefühl an den Rest der Saison denke. Der jüngst zum „heimlichen Anführer“ erkorene Bero zog die Strippen in vielen Sequenzen passend und schoss Ecken, die mehr Gefahr erzeugten, als viele in den vorherigen Spielen.

Oermann und Medic konnten – trotz zwischenzeitlicher Unsicherheiten und Abstimmungsfehler – einige gut platzierte Tacklings einbringen.

Krauß steckte hin und wieder einen guten Schnittstellenpass, Sissoko konnte Sicherheit in der zentralen Defensive ausstrahlen und Georgios Masouras zeigte wieder einen hohen Laufwillen, durchdachtes Anlaufen und Drang in die Spitze.

Die Krönung des Tores blieb leider schlichtweg aus. Die Niederlage ist zu wenig, keine Frage – dennoch war nicht alles scheiße. Leistungssport bleibt Leistungssport und ohne Zählbares guckst du in die Röhre. Die positive Entwicklung der letzten Wochen ist dennoch weiter sichtbar und der Großteil der Jungs zeigt erheblich mehr Motivation und Spielqualität als noch im Herbst des letzten Jahres.

Mammutwochen vor der Brust – die hoffentlich breit bleibt

Das Programm der kommenden vier Spiele versetzt erstmal einen Hieb in die Magengrube. Bayern München, Eintracht Frankfurt, Bayer Leverkusen und VfB Stuttgart – Mahlzeit! Da gäbe es sicherlich entspanntere Namen, um zu schauen, ob sich die positive Tendenz etabliert.

Bei genauerem Hingucken spüre ich trotzdem den Glauben und die Hoffnung, dass die zuletzt strauchelnde Eintracht und der auch nur auf dem neunten Tabellenplatz stehende VfB in Heimspielen nicht ‚unmachbar‘ sind.

Bayern und Leverkusen auswärts – das hake ich präventiv schon ab. Hier wäre es genug, zu erreichen, dass die Tordifferenz uns nicht bis nach Langendreer geballert wird. Dabei könnten schnelle Genesungen der Ausfälle hilfreich sein. Gerrit Holtmann und Myron Boadu haben zweifelsohne gezeigt, welchen Gewinn sie in puncto Aufbau, Offensive und Unberechenbarkeit bieten. Auch Ordets und Masovic waren zuletzt in Wolfsburg Anker im Defensivbereich.

Nicht zuletzt wünsche ich mir, dass sowohl die Bayern als auch die Leverkusener aufgrund der Mehrfachbelastung durch die Champions League nicht 110% im Heimspiel gegen den VfL aus Bochum reinhauen.

Letztendlich liegt es an unseren Jungs, die Fahne und den Kopf oben zu halten und weiter daran zu denken, dass die Saison auf dem 16. Tabellenplatz alles andere als gelaufen ist.

Zu guter Letzt nochmal ein Haufen Dankbarkeit für Dieter Hecking

Ich wiederhole mich, aber: Meines Erachtens nach geht es in den letzten zwei Monaten kontinuierlich weiter in ein angenehmeres Fahrwasser im reißenden Strom des Abstiegskampfes. Den maßgeblichen Anteil trägt für mich der Mann an der Linie: Dieter Hecking.

Im Stadion schaue ich oft zu ihm runter und freue mich einfach, dass er hier ist – in Bochum, bei unserem VfL. Die Ruhe, die er, an der Außenlinie flanierend, ausstrahlt. Das offene Lächeln, das er den Jungs bei Handshakes und Umarmungen nach dem Abpfiff entgegenbringt. Die sympathisch authentischen Äußerungen mit einem Batzen gesundem Realismus auf den Pressenkonferenzen. Aufgrund all dieser Dinge stehen wir dort, wo wir sind. Ja, im Abstiegskampf – allerdings auf dem Relegationsplatz, nicht mehr ganz unten im Keller.

Will unseren VfL wieder in die richtige Bahn lenken: Dieter Hecking. Quelle: Wikicommons

Sein Interview im Sportstudio untermauert für mich persönlich mein Bauchgefühl. Allem voran der Wunsch, den VfL wieder „unabsteigbar“ machen zu wollen. Die ehrliche Angabe, den VfL mit 60 Jahren nochmal als für ihn persönliches Trainerprojekt in der ersten Bundesliga übernehmen zu wollen.

Seine Forderung, der Mannschaft gegenüber auf Tugenden wie Pünktlichkeit, Respekt und Grenzeinhaltungen zu pochen und notfalls unmittelbar konsequent zu reagieren. Im Kader eine Mannschaft zu sehen, die „besser ist, als es der Tabellenplatz aussagt“ und fest dran zu glauben, „etwas bewegen zu können“.

Da klingeln mir die Ohren und die Fußballseele flattert. Dieter ist genau der Richtige für uns und ich wünsche mir, dass er es noch lange bleibt. Ganz egal in welcher Liga, beim VfL Bochum muss er sein!

Kritisiert mich gern für die gewagte These, aber: Stand jetzt bin ich der Ansicht, dass wir, so wie die Jungs zuletzt spielen, nach dem 34. Spieltag auf St. Pauli mit Freude auf den Spielplan eines neuen Erstligajahres 2025/2026 warten können.

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Autor: Lennart Markmann

Am 19.02.2005 stand ich erstmals in der Ostkurve. Die geschenkte Karte eines Bekannten öffnete mir damals die Tür zu Block O links. Drei traumhaft rausgespielte Buden von Zwetschge Misimovic, Raymond Kalla und Tommy Bechmann sorgten dafür, dass der SC Freiburg punktlos aus der Stadt und der VfL nicht mehr aus meinem Herzen verschwand. Seitdem genieße ich die Höhen und Tiefen als Bochumer Junge. Lange Zeit in der Ostkurve stehend, anschließend in Block H1 sitzend und mittlerweile mit 34 Jahren auf dem Altherrenplatz in Block M1.

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