Drei Kettenhunde und doppelter Sirtaki anne Castroper

Foto: Einsachtvieracht

Der VfL Bochum gewinnt das erste Derby zu Hause gegen Borussia Dortmund seit 18 Jahren mit 2-0. Nach großem Fight über 90 Minuten gelingt ein erster Befreiungsschlag im Abstiegskampf. Ein Kommentar.

Derby an der Castroper. Wobei – wie unsere geschätzten Nachbarn ja immer wieder betonen – ist das alles ja gar kein Derby. Sei’s drum, die nur 15 Kilometer Luftlinie sowie die dezent aggressive Grundstimmung schon vor dem Spiel sprechen eine andere Sprache. Die Tabellensituation versprach dazu einen hitzigen Fight. Dortmund bleibt in dieser Spielzeit weit hinter den Erwartungen zurück, wir kämpfen ums Überleben am Tabellen-Ende. Die Vorzeichen für unseren glorreichen VfL aus Bochum standen dabei vor dem Spiel denkbar schlecht. Mit Passlack, Wittek, Boadu und Drewes musste Trainer Dieter Hecking gleich auf vier Stammspieler verzichten. Bei unserem dünnen Kader durchaus eine Herausforderung. Masovic, Sissoko, Hofmann und Horn ersetzen die fehlenden Spieler. Ging man um 14:30 als die Aufstellungen eintrudeln bei dem Mannschaftsbogen noch von einem 4-3-3 mit vier Innenverteidigern auf der letzten Linie aus, überraschte der VfL doch leicht, als sich das ganze als 5-3-2 mit der Doppelspitze Masouras-Hofmann sortierte.

Der VfL kam sehr gut ins Spiel, kam direkt zu Abschlüssen und ließ Dortmund überhaupt nicht zur Entfaltung kommen. Die Räume wurden klein gemacht, die Mannschaft verschob gut und raubte den schwarz-gelben von Anfang an jede Spielfreude. Weiß man, dass alleine aufgrund der wirtschaftlichen Verhältnisse der BVB selbst im Krisenmodus in den aller meisten Fällen gegen den kleinen Nachbarn aus Bochum gewinnen wird, merkte man hier schnell auf den Ränge “hier geht was”. 

Eine kurze Druckphase der Dortmunder rund um die 20. Minute überstand man unbeschadet und es zeigte sich mehr und mehr ein Herzstück des Bochumer Spiels. Die drei Kettenhunde im Mittelfeld. Mit Krauß, Bero und Sissoko hatte man dort ein Dreiergespann auf dem Platz, das für jeden Gegner unangenehm zu bespielen sein dürfte. Alles keine Filigrantechniker, aber Spieler, die durch ihre Intensität, Laufbereitschaft und Zweikampfstärke für eine in dieser Spielzeit selten gesehene Stabilität sorgten. Neuzugang Krauß fügte sich nahtlos ein und erfüllte genau die Erwartungen an seine Rolle, die ich bei seiner Verpflichtung schon beschrieben hatte. So initiierte Krauß dann auch mit einem tollen Pass auf Hofmann die Führung. 

Aber nicht nur die drei Kettenhunde zeigten eine überragende Leistung. Einer muss ja auch die Tore schießen. Der zweite Winterneuzugang Georgios Masouras spielte, als wäre er schon ewig anne Castroper. 1,5 Tore bei seinem ersten Heimspiel. Deutete er schon gegen Kiel an, dass er eine große Verstärkung sein kann, bestätigte er das heute. Auffällig dabei, dass es nicht nur sein offensives Skillset ist, was ins Auge fällt. Er ist sehr präsent in Zweikämpfen und geht den Gegenspielern förmlich “auf die Eier”. Dass man so schnell den (doppelten) Sirtaki anne Castroper hören würde, damit hätten wohl die wenigsten gerechnet. 

Aber auch der Rest der Mannschaft zeigte eine hervorragende Leistung. Ein Timo Horn ohne Spielpraxis dürfte mit Sicherheit dafür gesorgt haben, dass die leicht grummelnde Torwart-Diskussion nicht leiser wird. Masovic, Ordets und Bernardo strahlten Sicherheit ohne Ende aus. Oermann hat nach leichten Wacklern wieder zu Form gefunden. Und zu guter Letzt ein Gerrit Holtmann, der nicht nur offensiv immer wieder für Zungenschnalzer sorgt, sondern auch auf der defensiveren Position des Wingbacks nicht mehr wegzudenken ist. 

Dieser Sieg ist Balsam für die in dieser Spielzeit so viel gescholtene Seele der Bochumer. Wie viele werden am Montag ganz stolz ins Büro oder den Betrieb gehen und den schwarz-gelben Kollegen nur ein herzliches Grinsen zuwerfen. Dieser mit Sicherheit nicht eingeplante Sieg macht verdammt viel Mut für die nächsten Spiele. Auch gegen nominell stärkere Mannschaften kann man also gewinnen. Wir sind wieder mittendrin im Kampf um den Klassenerhalt. Verloren ist noch nichts. Drei Kettenhunde und Sirtaki anne Castroper. Mehr davon.

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Autor: Claudio Gentile

Als gebürtiger Bochumer wurde ich das erste Mal im zarten Alter von sechs Jahren ins Ruhrstadion geschleppt. Der VfL verlor. Was auch sonst. Trotzdem ließ mich der Verein nicht mehr los und spätestens als ich ein paar Tage nach meinem ersten Stadionbesuch das legendäre Papagei-Trikot mit einem "Peter Peschel"-Flock überstreifen durfte, war es um mich geschehen. Das ist jetzt 26 Jahre, wenig Siege und viele Niederlagen her. Wo die Liebe im Fußball hinfällt, kann man sich ja bekanntlich nicht aussuchen. Und eine Liga kennt Liebe auch nicht.

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