Die Sieglosserie geht weiter

2:2 im Heimspiel des VfL Bochum gegen Holstein Kiel

Foto: Philip Mies

Im zweiten Heimspiel der noch jungen Saison trennt sich der VfL Bochum 2:2 von Holstein Kiel. Während es für unsere Jungs der erste Punkt der laufenden Spielzeit ist, ist es für die Kieler der erste Erstliga-Zähler überhaupt in der bestehenden Vereinsgeschichte. Einem Aufsteiger der Bundesliga zu ermöglichen, an der Castroper Straße Historisches zu schaffen und zeitgleich auch nach vier Spieltagen nicht gewonnen zu haben, fühlt sich bescheiden an. Ein Kommentar.


Vor der Partie benannte Coach Peter Zeidler, im Umfeld des VfL die Erwartung gespürt zu haben, einen ersten Saisonsieg liefern zu müssen. Mit der gleichen Haltung lief auch ich bei perfektem Fußballwetter zum Ruhrstadion. Sonne, knappe 23 Grad, kurze Hose und ein frisch Gezapftes am Kirmesplatz – die Voraussetzung für einen perfekten Fußballsamstag war mehr als gegeben. Zur Krönung fehlte nur noch der benannte Sieg. Im Vorfeld war in Gesprächen spürbar, dass alle Anwesenden auf diesen hofften. Nach den bisherigen drei Niederlagen und dem punktlosen 16. Tabellenplatz musste es doch nun mal klappen.

Ein minimales statistisches Plus für Kiel

Zeidler änderte die Startelf im Vergleich zur Vorwoche auf zwei Positionen. Anstelle des verletzten Koji Myoshi und Moritz Broschinski schickte er Lukas Daschner und Philipp Hofmann auf den Rasen. Das System blieb bestehen – ein ‚4-4-2‘ mit enger Raute und zwei Stürmern.

Achtung, Spoiler: Zum erhofften ersten Sieg hatˋs nicht gereicht. Gute zwei Stunden später stand fest, dass die Punkte geteilt werden. 2:2 Tore, 44:56 % Ballbesitz, 2:4 Großchancen und 14:14 Schüsse – soweit die Zahlen. Was war also passiert?

Wechselhafte Spielanteile im Gesamtverlauf

In Halbzeit eins durften (oder mussten) wir zwei Gesichter des VfL erleben. Nach einer mauen, größtenteils unstrukturierten Anfangsviertelstunde und dem frühen Rückstand, dem das simple Aushebeln unser kompletten Defensive durch einen hohen Steilpass vorausging, zog der Trainer eine erste Konsequenz. Erhan Masovic musste den Platz verlassen und wurde durch Captain Anthony Losilla ersetzt.

Nachdem dieser auf der Sechs übernahm und Ibrahima Sissoko in die Innenverteidigung zurückgezogen wurde, kam der VfL sichtbar besser ins Spiel. Dank eines beherzten Gesamtauftritts von Myron Boadu konnten Matus Bero und Lukas Daschner die Kugel in den folgenden Minuten im Netz versenken, wodurch der VfL mit einem 2:1 Vorsprung in die Pause ging.

Zeigte gegen Kiel ein starkes Heimspiel: Myron Boadu. Foto: VfL Bochum

In der zweiten Hälfte mussten wir einen im Großen und Ganzen passiven und harmlosen VfL ansehen. Mit Ausnahme eines Torabschlusses von Broschinski in der 68. Minute waren nur noch die Gäste diejenigen, die sich wiederkehrend zielgerichtete Chancen erspielten.

So kam, was kommen musste. Shuto Machino tunnelte Patrick Drewes nach einer Flanke von Steven Skrzybski vom rechten Flügel in der 89. Minute und erzielte den Ausgleich. Ruckartig war es wieder da – das altbekannt beschissene Bauchgefühl, eine Führung in der Schlussphase verschenkt zu haben.

Zu bitter, dass Mats Pannewig seinen Kopfball nach feiner Flanke von Sissoko in der 95. Minute an den linken Pfosten setzt und nicht ins Netz wuchtet. So wäre der K(r)ampf abschließend doch noch erfolgreich beendet worden und die nun bestehenden Zweifel vermutlich nicht vorhanden.

Ein Gesamtauftritt, der für Bauchschmerzen und Fragezeichen sorgt

Resümierend betrachtet merke ich auch am heutigen Sonntag, dass ich mich mit dem Ergebnis auf keine Art und Weise anfreunden kann.

Um zunächst Positives zu bemühen: Ja, der Coach hat zügig reagiert und einen taktischen Wechsel in einer desolaten Phase vorgenommen. Ja, Boadu hat ausweichend aus dem Spiel heraus auf links auffallend stark agiert, dabei einen Assist geliefert und das zweite Tor maßgeblich mitgestaltet. Ja, wir haben einen geilen Kapitän, der mit 38 Jahren immer noch alles ihm zur Verfügung stehende reinhaut. Ja, endlich der erste Punkt.

Aber: Wieder kein Sieg – auch, bei allem Respekt, gegen einen bis dato im Oberhaus kaum Land sehenden Aufsteiger nicht. Wieder war meines Erachtens im Aufbauspiel wenig Fluss, Kreativität und Zielstrebigkeit zu sehen. Sobald die Kieler die Zentrale defensiv zustellten gingen uns die Möglichkeiten aus. Aufgrund der Tatsache, dass das äußere Mittelfeld und die Flügel positionell nicht besetzt wurden, gab es keine Möglichkeiten, in der Breite für Gefahr zu sorgen.

In Gänze gelang es der Mannschaft über die volle Länge nicht, das Spiel ausreichend an sich zu reißen. Auch konnte in Halbzeit zwei nicht für die erforderliche Sicherheit gesorgt werden, um eine Führung im heimischen Stadion über die Zeit zu bringen – ein absolut unangenehmes Déjà-Vu. Vermutlich auch für die meisten aktiv Beteiligten.

Ein erstes leises Hinterfragen des Handeln des Trainers

Das letzte, was ich möchte, ist das Anzetteln einer Trainerdiskussion. Wie bereits in vergangenen Artikeln beschrieben braucht es die Zeit, Zeidler die Chance zu geben, sein System aufzubauen, zu etablieren und letztendlich (bitte erfolgreich) auf den Rasen zu bringen. Ich bin nur ein einfacher Zuschauer, der von außen leicht reden und andere Ideen entwerfen kann, ohne auch nur irgendeine fachliche Berechtigung dazu zu haben.

Dennoch bin ich sicherlich nicht alleine der Ansicht, dass sich die nach dem ersten Heimspiel eingetretene Ernüchterung gestern verfestigt und/oder verstärkt hat. Meiner Meinung nach tragen die (Re-)aktionen unseres Coachs ihren Teil dazu bei.

Zeigte sich im Spiel aktiv an der Seitelinie – konnte sein Team jedoch nicht zum Sieg coachen: Peter Zeidler. Foto: VfL Bochum 1848.

Erhan Masovic vorzeitig aus- und Toto einzuwechseln war zweifelsohne eine gute Entscheidung, die sich unmittelbar positiv auf den Fortlauf des Spiels auswirkte. Moritz Kwarteng und Moritz Broschinski (fehlt nur noch der dritte Moritz – Fiege) positionsgetreu für Daschner und Boadu zu bringen – auch noch vertretbar.

Trotzdem hätte ich mir an dieser Stelle bereits gewünscht, dass Zeidler auf die Möglichkeiten in Person von Aliou Balde und/oder Samuel Bamba zurückgreift. Besonders Balde zeigte in den bisherigen Spielen, dass er aufgrund seiner Schnelligkeit, seinem Dribbling und seinem starken Abschluss eine optimal einsetzbare Waffe ist. Ich kann beim besten Willen nicht verstehen, dass der Trainer sich an dieser bis zur letzten Spielminute nicht bediente.

Fehlender Mut bei den Wechseln in der Schlussphase (?)

Im Laufe der zweiten Halbzeit wurde zunehmend ersichtlich, dass das zentral orientierte Offensivspiel schlichtweg nichts brachte. Kiel reagierte defensiv zentral, stellte die Räume zu und Peng – unsere Jungs standen wieder und wieder vor einer Mauer, die sie nicht überwinden konnten.

In der 85. Minute den eigentlich im zentralen Mittelfeld angesiedelten Mats Pannewig für Sturmspitze Hofmann zu bringen war für mich das krönende falsche Signal. Bis dahin drückte Kiel bereits zunehmend und kam wiederkehrend zu gefährlichen Chancen. Das rechtfertigt irgendwo, einen zusätzlichen Mittelfeldspieler zu bringen, um einen Vorsprung über die Zeit zu bringen. Dennoch – der Gegner war Holstein Kiel. Nichts für ungut aber uns stand nicht Bayer Leverkusen, Bayern München oder ein ähnlicher Gegner gegenüber, gegen den es Sinn ergeben hätte, eine Führung mit Mann, Maus und Betonmischer ins Ziel würgen zu wollen.

Und – daran halte ich abschließend fest: Das Bringen von Balde hätte sicherlich dafür gesorgt, dass unsere tief stehenden Jungs in der Offensive einen Teamkollegen an die Seite bekommen hätten, der die hoch stehend pressenden Kieler mit einem gefährlichen Konter zumindest unangenehm in Bedrängnis hätte bringen können. Zwar hatte er in der Vorwoche einen grippalen Infekt und setzte mit dem Training aus – dennoch saß er auf der Bank und wurde dementsprechend vom Fachpersonal offensichtlich als einsatzfähig attestiert.

Aussichten, die mit Skepsis zu genießen sind

Kommenden Freitag treten wir auswärts bei den Nachbarn in Dortmund an. Die würde ich, mit bis dato zwei Heimsiegen und einer Tordifferenz von 6:2, als weitestgehend formstark bezeichnen. Daraufhin kommt der VfL Wolfsburg, der bisher unkonstant auftritt und anschließend müssen wir zur unter ihren eigenen Erwartungen performenden TSG nach Hoffenheim. In fünf Wochen empfangen wir dann den FC Bayern München, der zuletzt, sowohl national als auch international, ausschließlich trocken rasierte.

Kommenden Freitag gehtˋs zum Derby nach Dortmund. Foto: einsachtvieracht.

Das bevorstehende Programm ist eine 50:50 Mischung aus „boah ne ey“ und „da kannste was holen“. Solange wir in Dortmund und zuhause gegen die Bayern keine allzu heftigen Rutschen kassieren, ist es für mich in Ordnung. Zuhause gegen unbeständige Wolfsburger und auswärts bei taumelnden Hoffenheimern sieht es anders aus. Da neige ich fast dazu, zu sagen, dass es dann aber auch irgendwie mal was werden muss.

Das habe ich vor dem Spiel gegen Kiel allerdings auch gesagt. Resümierend fehlt mir nach dem gestrigen Auftritt die Idee, mit welchen Mitteln Zeidler in seinem aktuellen System zeitnah für eine Zunahme an Kreativität, Gefahr und Stringenz sorgen möchte, die es für Erfolge braucht.

Perspektivisch stehen uns immerhin die Rückkehr von Ivan Ordets und Bernardo bevor. Sollten beide im Anschluss an ihre Verletzungen annähernd zu alter Form zurückfinden, sind sie garantiert ein Upgrade in puncto defensiver Sicherheit.

Unabhängig von allem Frust, aller Skepsis und aller erster Ratlosigkeit bleibt natürlich bestehen, was vor Anpfiff in prächtigem blau-weiß über die Ostkurve prangte: „Du bleibst immer mein Verein“!

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Written by Lennart Markmann

Am 19.02.2005 stand ich erstmals in der Ostkurve. Die geschenkte Karte eines Bekannten öffnete mir damals die Tür zu Block O links. Drei traumhaft rausgespielte Buden von Zwetschge Misimovic, Raymond Kalla und Tommy Bechmann sorgten dafür, dass der SC Freiburg punktlos aus der Stadt und der VfL nicht mehr aus meinem Herzen verschwand. Seitdem genieße ich die Höhen und Tiefen als Bochumer Junge. Lange Zeit in der Ostkurve stehend, anschließend in Block H1 sitzend und mittlerweile mit 32 Jahren auf dem Altherrenplatz in Block M1.

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