Zwischen Freude über drei Punkte und Bauchschmerzen

Foto: Can Kilic

Der VfL aus Bochum gewinnt in Darmstadt mit 2-1 und holt drei ganz wichtige Punkte an die Castroper Straße. Fußballerisch gab es eine Leistung zum Abgewöhnen. Ein Kommentar.

Fußball ist Ergebnissport. Punkt. Hier könnte man eigentlich nach dem gestrigen Spiel schon aufhören. Denn mehr war da auch nicht, über das man sprechen könnte. Zumindest kaum was Positives. Jeder Fan des Vereines von der Castroper Straße wird drei Kreuze machen, dass man gegen einen direkten Konkurrenten die wichtigen Punkte mitnehmen konnte. Aber gleichzeitig fasse ich wohl die Gefühlslage vieler Fans zusammen, wenn man sagt, dass die Meisten nicht so richtig wissen, was sie vom Gesehenen auf dem Rasen halten sollen. Und das erst nicht seit gestern.

Abläufe. Kombinationen. Abstimmung. Nichts wirkt sattelfest. Nichts wirkt souverän. Eine klare Linie ist nicht zu erkennen. Natürlich hatte man ein hartes Startprogramm gehabt. Natürlich sind die Bayern, der BVB, Leipzig, Frankfurt und aktuell auch Stuttgart nicht unsere Kragenweite. Trotzdem muss nach den letzten Wochen die Frage erlaubt sein, wo Trainer Thomas Letsch diese Mannschaft eigentlich hineinwickeln möchte. Das ist der Punkt, der mir aktuell Bauchschmerzen bereitet. Auf dem Papier hat man einen wesentlich stärkeren Kader als in der vergangenen Spielzeit. Trotzdem wird man Woche für Woche das Gefühl nicht los, dass diese Mannschaft aktuell die PS, die eigentlich in ihr stecken, nicht so wirklich auf den Rasen bekommt.

Die Mannschaftsteile

In der Defensive hat man, auch wenn immer noch viel probiert und geschoben wird, eine halbwegs sichere Gangart gefunden. Das gestrige Spiel hat auch wieder gezeigt, wie wichtig ein balancierendes Element mit starken läuferischen Qualitäten im Mittelfeld für uns ist. Es dürfte kein Zufall gewesen sein, dass die Spiele, bei denen Bero mitwirkte, mit unsere stärksten waren und gestern mit Osterhage ein Kilometerfresser auf dem Platz stand, der am Ende über 12 km abgespult und erheblichen Anteil an unserem Auswärtssieg hatte.

Aber offensiv ist das magere Kost, die man von Spiel zu Spiel angeboten bekommt. Keine klaren Spielzüge, keine klaren Ideen. Teilweise stehen sich die Spieler auf den Füßen rum. Es wirkt vieles sehr zufällig. Bei Standards ist man gefährlich, auch dank vieler kopfballstarker Spieler, aber aus dem Spiel heraus geht einfach zu wenig. Vielleicht habe ich dort nach den meiner Meinung nach guten Neuzugängen auf dem Papier im Sommer aber auch einfach ein etwas anderes Auftreten erwartet.

Neuzugänge?

Neuzugänge sind allerdings auch so ein Punkt, bei dem die ein oder andere Frage offenbleibt. Bis auf Bernardo und Bero vor seiner Verletzung hat es keiner wirklich geschafft, sich festzuspielen (Schlotterbeck und Ordets zähle ich hier nicht als richtige „Neuzugänge“). Vor allem Wittek, der in seinen wenigen Einsätzen eigentlich sehr gefällig wirkte, sorgt bei vielen Fans für Fragezeichen – gegen Darmstadt schaffte er es nicht mal in den Kader.

Vielleicht lässt sich vieles aber auch auf zwei einfache Punkte runterbrechen: Automatismen und Selbstbewusstsein. Letsch sucht immer noch nach seinem System und ändert viel. Setzt man dann einen Start in eine Saison so in den Sand und bleiben die Erfolgserlebnisse aus,  leidet natürlich auch das Selbstverständnis eines jeden einzelnen. Jeder kennt es aus seinem Alltag, dass man an alle Dinge anders heran geht, wenn das Selbstbewusstsein da ist.

Quo Vadis?

Ich bin hin und hergerissen. Zwischen Freude über den Sieg. Wichtige drei Punkte. Bei dieser engen Tabellensituation und klaren Aufteilung zwischen „oben und unten“ ganz entscheidend. Und gleichzeitig argen Bauchschmerzen, dass man nach nun 11 Spielen inkl. DFB-Pokal immer noch keine Ausrichtung gefunden hat (ich spreche bewusst nicht von Dreier- und Viererkette, denn das greift zu kurz), in der sich die Mannschaft wohl fühlt und sich Abläufe entwickeln können.

Letztendlich könnte ich jetzt noch ewig weitermachen und philosophieren. Entscheidend sind aber stumpf die kommenden beiden Spiele gegen Köln und Heidenheim. Mehr braucht man nicht dazu sagen. Punkt. Damit steht und fällt es. Zumindest für den Endspurt des Jahres.

Abonniere den Kanal Einsachtvieracht auf WhatsApp: https://whatsapp.com/channel/0029VaD2PJ7GE56qkEiBNO04

Wer uns einmalig unterstützen möchte kann das gerne über PayPal tun: paypal.me/einsachtvieracht

Autor: Claudio Gentile

Als gebürtiger Bochumer wurde ich das erste Mal im zarten Alter von sechs Jahren ins Ruhrstadion geschleppt. Der VfL verlor. Was auch sonst. Trotzdem ließ mich der Verein nicht mehr los und spätestens als ich ein paar Tage nach meinem ersten Stadionbesuch das legendäre Papagei-Trikot mit einem "Peter Peschel"-Flock überstreifen durfte, war es um mich geschehen. Das ist jetzt 26 Jahre, wenig Siege und viele Niederlagen her. Wo die Liebe im Fußball hinfällt, kann man sich ja bekanntlich nicht aussuchen. Und eine Liga kennt Liebe auch nicht.

Schreibe einen Kommentar

Laden...

0

Einsachtvieracht- Stammtisch #64

Wir bleiben mit Baumgart in der 1. Liga!