Selten. Aber es gibt sie. Diese Tage, an denen man mit einem breiten Lächeln vom Ruhrstadion aus nach Hause läuft. Gestern war einer dieser Tage. Eine emotionale Achterbahn von blanker Wut nach Rückstand in der Anfangsphase bis hin zu Endorphinschüben in der Nachspielzeit. Da war alles dabei. Dafür geht man ins Stadion.
Offengelegt wurden aber auch ganz deutlich die riesigen Baustellen, die man mit Blick auf die kommende Spielzeit zu bearbeiten hat. Vor allem in der Defensive wurde gestern mehr als offensichtlich, dass der VfL ganz dringend Verstärkungen braucht. War Hoogland in der Hinrunde noch einer der stärksten Defensivspieler, baut er seit seiner Vertragsverlängerung stetig ab.
Zwar war Tim Hoogland noch nie der Schnellste, doch hat er fehlende Geschwindigkeit bisher oft durch sein hervorragendes Stellungsspiel ausgeglichen – das gelingt ihm zunehmend weniger, er steht ungewohnt oft falsch. Dazu gesellen sich haarsträubende Fehlpässe im Spielaufbau, die man so von ihm nicht gewohnt war. Bei Patrick Fabian zeigt sich Ähnliches. Dass Wendigkeit noch nie zu seinen Markenzeichen gehörte, weiß man in Bochum – wie oft ihm das jetzt aber in den letzten Spielen zum Verhängnis wurde, ist schon bezeichnend. Sollte er zur kommenden Spielzeit, wie in der Presse berichtet wurde, wirklich eine Rolle als Stand-by-Profi/Teammanager einnehmen, halte ich das für die ideale Lösung. Immer noch gut genug, als Notnagel einzuspringen, aber trotzdem keinen festen Kaderplatz für eine jüngere Alternative blockierend.
Cello kommt aktuell auch wenig bis gar nicht an sein gewohntes Leistungsniveau heran. Ob es jetzt am unsicheren Gesamtkonstrukt oder doch am fortschreitenden Alter liegt – man weiß es nicht.
Was den jungen Kokovas angeht, gibt es zwei Aspekte, die man berücksichtigen muss. Einerseits zeigt er vielversprechende Ansätze, schaltet sich oft mit in die Offensive ein, trifft aber auch oft falsche Entscheidungen, was in einem aktuell unsicheren defensiven Gesamtgefüge oft wie ein Brandbeschleuniger wirkt und gefährliche Situationen heraufbeschwört. Andererseits zeigt der Junge gut, warum „die halbe A-Jugend spielen lassen“ – wie es so mancher Fan populistisch fordert, nachdem man sich mal wieder aufgeregt hat, weil Spieler XY seinen Vertrag noch nicht verlängert hat – eben nicht funktioniert. Der Sprung von der Jugend zu den Herren ist riesig. Das klingt jetzt alles sehr negativ, ist es aber gar nicht gemeint. Mit etwas Zeit und Praxis dürfte Kokovas sicherlich ein Spieler sein, der im nächsten Jahr für einen Kaderplatz in Frage kommt.
Kann der VfL Lukas Hinterseer halten?
Die Offensive für die kommende Spielzeit ist so eine Sache. Kann man Hinterseer entgegen aller Erwartung halten, steht man eigentlich gar nicht so verkehrt da. Für die Dreierreihe hätte man mit Lee, Weilandt, einem stärker werdenden Saglam und einem in meinen Augen überraschend guten Pantovic immerhin schon vier Spieler, die Qualität mitbringen. Nach potenziellen Abgängen von Kruse und Sam dürfte hier auch einiges an Gehaltsspielraum für weitere Verstärkungen frei werden. Hoffen wir mal das Beste, dass Hinterseer seine Zukunft doch anne Castroper sieht. In Summe sah das gestern teils wirklich gut aus, was unsere Offensive da herausgespielt hat. Bei einigen Kombinationen konnte der Zuschauer mit den Ohren schlackern. Nach dem dauerhaften Langholz nach vorne in den letzten Wochen war das eine nette Abwechslung. Bleibt der Ösi aber nicht, ist die Baustelle in der Offensivabteilung mindestens genauso groß wie hinten.
Auch weil aktuell anscheinend nicht absehbar ist, ob wir Pavlidis nochmal im VfL-Dress sehen, der sicherlich mittlerweile eine gute Alternative wäre. Unser junger Offensivmann dreht aktuell bei Willem stark auf. Nach aktuell zwölf Einsätzen mit rund 700 Minuten Spielzeit in Hollands höchster Spielklasse steht er bei drei Toren und vier Vorlagen. Willem besitzt eine Kaufoption – sicherlich nicht so ganz unwahrscheinlich, dass sie diese ziehen werden.
Trotzdem gilt es jetzt erstmal, die aktuelle Spielzeit ordentlich zu Ende zu bringen. Platz 8 ist noch in Reichweite, Platz 9 sollte es mindestens werden. Nicht das, was sich viele Fans erhofften, aber eben auch nicht weit weg vom gesteckten Ziel – den Top 25 in Deutschland. Und ein Mittelfeldplatz wie dieser es wäre, spiegelt dann letztendlich auch die Leistung wieder, die man bisher in dieser Spielzeit angeboten hat – vom Schnuppern an den Aufstiegsrängen kurz vor Weihnachten bis hin zur Entwicklung zu einem der schlechtesten Teams der Rückrunde. Ein Auf- und Ab eben, was am Ende ein Platz irgendwo im nirgendwo bedeutet.
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