Weiter mit Team Villis, aber auf keinen Fall wie bisher!

Kommentar zur Vorstandswahl auf der Jahreshauptversammlung des VfL Bochum

Foto: VfL Bochum

Der Wahlkampf war im vollen Gange. Beide Parteien haben umfangreiche Interviews gegeben und Stellung zu den Fragen der Fans bezogen. Bei mir persönlich hinterlassen diese Antworten jedoch eine große Enttäuschung. Ein Kommentar.

Hans-Peter Villis stand in der Kritik. Spätestens mit dem von Vereinsarzt Karl-Heinz Bauer aufgestellten Alternativteam wurde diese Kritik für alle Mitglieder hör- und sichtbar. Es war ein Schlag in das Gesicht des stolzen Vorstandschefs des VfL aber auch die Chance, durch aktive Kommunikation der Kritik zu begegnen.

Auch nach unserer groß angelegten Transparenzinitiative muss ich für mich festellen – Diese Chance haben er und sein Team verpasst. Mit Verweis auf die insgesamt positive Entwicklung der letzten Jahre wird Kritik nicht akzeptiert. Vereinzelt werden Fehler zugegeben, jedoch wird nicht weiter darauf eingegangen worin diese bestanden oder gar wie diese konkret in Zukunft abgestellt werden sollen.

Fehlende Wertschätzung

In einzelnen Antworten lässt Team Villis jedoch noch tiefer blicken. In der Sache Schindzielorz spricht die Antwort eine deutliche Sprache.

Erste Gespräche mit Sebastian Schindzielorz gab es schon Ende letzten Jahres, denen weitere folgten. Wir waren überrascht, dass er letztlich seinen sehr wettbewerbsfähigen Vertrag gekündigt hat. Unsere größte Wertschätzung war, dass wir ihm nach dem Ende seiner Profikarriere die Möglichkeit gegeben haben, sich beim VfL Bochum bis zum Vorstand bzw. Geschäftsführer Sport zu entwickeln. Die Aufgabe haben wir ihm zugetraut, und er hat sie gut gemacht. Deshalb wollten wir ihn auch halten. Ich finde, das hat alles viel mit Wertschätzung zu tun.
Team Villis auf die Frage, ob die Geschäftsführung mit dem Wunsch der Vertragsverlängerung für Sebastian Schindzielorz oder Thomas Reis auf sie zugegangen ist und die Entscheidung darüber vertagt wurde

Die eigentliche Frage wird einfach ignoriert, was dafür sprechen könnte, dass hier ein wunder Punkt getroffen wurde. Der ursprüngliche Vertrag wurde als wettbewerbsfähig eingeschätzt. Trotz des Aufstiegs und des erfolgreichen Klassenerhalts gab es keinen Gedanken darüber, diesen Vertrag aufzuwerten. Die Wertschätzung wird auf die Möglichkeit bezogen, die man Schindzielorz mit der Aufgabe gegeben habe, und durch den Willen den bestehenden Vertrag fortzuführen. All der Aufwand, den unser Sportvorstand seit dem betrieben hat, scheint für Team Villis keine Grundlage für ehrlich lobende Worte oder Gehaltssteigerungen zu sein. Das Schindzielorz nicht genügend Wertschätzung verspürt hat, ist absolut nachvollziehbar.

Zu wenig Wertschätzung für Schindzielorz? Bild: VfL Bochum 1848

Transparenz

Der zweite Punkt ist die Transparenz bei der Finanzplanung. Nach den Rekordumsätzen im Sommer und den dafür recht geringen Transferausgaben wurde dieses Thema heiß diskutiert. Immer wieder werden in Kommentaren der Mitglieder Kosten für Infrastruktur und Nachwuchsförderung gegen die Transfersummen gewichtet. Dabei wäre es sehr hilfreich, die konkreten Investitionen besser zu verstehen. Was ist aufgrund von Auflagen notwendig, wo wird bewusst in die Zukunft investiert?

Auch nach der Transparenzinitiative bleiben wir im Dunkeln. So wird beispielsweise Optimierungsbedarf beim Stadion und bei den Anlagen für den Nachwuchs angesprochen. Welche Summen hier jedoch wann einzuplanen wären, wird auch auf explizite Nachfrage nicht erwähnt. Dabei gibt es hier weder persönliche noch wettbewerbsrelevante Gründe, die dafür sprechen, diese Informationen zurückzuhalten.

Das Stadionthema haben wir schon eingangs erwähnt, Optimierungsbedarf hier ist erkannt, die Gespräche mit der Stadt laufen.
Team Villis auf die Frage, ob es noch größere Investitionen gibt, auf die man sich in den nächsten Jahren einstellen muss.

Wo genau besteht der Optimierungsbedarf? Foto: VfL Bochum

Führung

Zuletzt wurde auch der Führungsstil bzw. die Führungsstärke von Hans-Peter Villis kritisiert. Auf die explizite Frage zu dem Thema bemüht Villis nur Schlagworte, ohne klar darzustellen wie er den Vorstand und die Geschäftsführung führen möchte. Hier hat er aus meiner Sicht eine große Chance verpasst.

Neben der Innovationskraft ist für mich insbesondere das ruhige und sachliche Segeln in unruhigen Gewässern wichtig. Teamfähigkeit, hohe soziale Kompetenz, Glaubwürdigkeit, Offenheit und Durchsetzungsstärke sind ebensolche wichtige Faktoren.
Hans-Peter Villis Verständnis von Führung.

Dabei ist Führung aktuell ein riesiger Trend. Die Umsetzung von modernen Einflüssen wie „Servant Leadership“ (dienende / ermöglichende Führung) und „Objectives and Key Results“ (Ziele und Schlüsselergebnisse) könnte dabei helfen, die Vorstände und die Geschäftsführer in eine gemeinsame Richtung arbeiten zu lassen. Stattdessen können nicht einmal die Ziele für die nächsten Jahre oder die Zusammenarbeit im Vorstandsteam klar umrissen werden. Bei der Fußballmannschaft konnten auch erst die Führung und klaren Vorgaben durch Thomas Letsch die Neuzugänge wie Philipp Förster und Philipp Hofmann befähigen, ihr volles Potenzial abzurufen.

Die Alternative bleibt blass

Hat Team Bauer diese Chance genutzt? Leider ganz im Gegenteil. Sie haben zwar die richtigen Kritikpunkte erkannt, ihre Vorschläge thematisieren aber nur das Was und nie das Wie. Sie können keine konkreten Sponsoren nennen, die sie mit an Bord bringen könnten. Der konkrete Ansatz der wertschätzenden Führung wird nicht beschrieben, Konzepte für die U23 und die Frauenmannschaft bleiben mehr als vage.

Finanzieren muss man dies entweder durch zusätzliche Förderer oder auch durch Teilkompensationen aus dem Profi-Etat […] Durch Gewinnung externer Partner und Sponsoren mit entsprechender Budgetierung ist es unser Anspruch auch hier besser aufgestellt zu sein.
Team Bauer zur Finanzierung der U23 bzw. der Frauenmannschaft

Der Wirtschaftsrat hat sich hinter Team Villis gestellt. Ein Wechsel der Führung würde also eher Sponsoren abstoßen als welche zu gewinnen. Zudem fehlt Team Bauer ein Jurist, um die Auswirkungen dringender Entscheidungen direkt bewerten zu können. Team Villis wirkt auch durch den Austausch von Martin Kree durch Christina Reinhardt erfahrener und fähiger als Team Bauer – auch wenn eine moderne sportliche Perspektive als Gedankenpartner für Patrick Fabian noch helfen könnte. Aus diesen Gründen werde ich meine Stimme auf der Jahreshauptversammlung, wenn auch knirschend, Team Villis geben.

Es bleibt nur zu hoffen, dass die Mitglieder auch bei einer Wiederwahl die oben angesprochenen Versäumnisse deutlich ansprechen. Der aktuelle Vorstand und unsere Geschäftsführung ist stark besetzt, der Vorstandsvorsitzende muss jedoch diese Kompetenzen durch klare strategische Ziele und eine wertschätzende Führung bestmöglich ausnutzen. Zudem sollte die versprochene Transparenz nun auch über die Kartenvergabemodalitäten hinaus gelebt werden. Ein weiter so wäre eine erneut verpasste Chance.

Autor: Tobias Wagner

Ich bin seit meinem fünften Lebensjahr Fan des VfL. Die Hochzeiten des Vereins mit den beiden UEFA-Cup Teilnahmen habe ich in meiner Jugend live miterlebt. Von da an war klar - für mich gibt es nur den VfL. Die Jungs von Spielverlagerung weckten meine Begeisterung für die Taktikanalyse. Auf erste Taktikanalysen, die noch direkt an den VfL versendet wurden, folgte der Blog "Blau-weiße Taktikecke". Später wurde ich dann selbst Autor bei Spielverlagerung und Trainer verschiedener Jugendmannschaften (U14-U16). Meine Begeisterung für Fußball, Training, taktische Raffinessen und statistische Spielereien möchte ich nun hier mit Euch teilen.

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Transparenzinitiative zur Vorstandswahl des VfL Bochum 2022

Einsachtvieracht- Stammtisch #48