Bochum, wir müssen reden…

Drängt auf eine größere Rolle, jetzt mit neuer Nummer. Foto: David Matthäus Photografie

Wenn der VfL Bochum den SV Sandhausen im Ruhrstadion vor etwas über 13.000 Zuschauern empfängt, denken die meisten wohl zuerst an einen ruhigen Nachmittag. Wer das dachte, sollte sich jedoch getäuscht haben. Die Definition des Spiels lautet wohl viel Kontrolle, viele Tore und viel Aufruhr. Bochum, wir müssen reden…

1. Halbzeit – Blum gegen Biada

Trainer Thomas Reis überraschte uns mit der Aufstellung von Jordi Osei-Tutu statt eines Tom Weilandts für den erkrankten Simon Zoller. Weniger überraschend war die Startelfrückkehr von Silvere Ganvoula für Manuel Wintzheimer.

Der Anpfiff war das Startsignal für eine muntere Anfangsphase. Bereits in den ersten zehn Minuten erspielte sich der VfL mehrere Chancen und erzielte durch Danny Blum zwei Tore. Der Treffer zum 2:0 wird wohl in den kommenden Wochen ein Anwärter auf das Tor des Monats sein. Nach dem Anschlusstreffer folgte die wohl einzige Schwächephase der Bochumer. Danach übernahm die Mannschaft aber erneut die Kontrolle. Ein effektives Pressing sorgte für frühe Balleroberungen oder zum Wegschlagen des Balles, welcher von der Hintermannschaft nur noch aufgesammelt werden musste.

Der eigene Ballbesitz war ebenfalls viel produktiver als in den letzten Partien. Das lag vor allem an der guten Raumaufteilung. Besonders die ausbalancierten Bewegungen Anthony Losillas und Vitaly Janelts im zweiten Drittel seien hier hervorzuheben. Durch die hochstehenden Außenverteidiger Cristian Gamboa und Danilo Soares ließ sich die Dreierreihe im Sandhäuser 4-3-1-2 in die Breite ziehen. Die entstehenden Freiräume wussten die Bochumer zu nutzen.

Dennoch fiel kurz vor der Pause der Ausgleich, anstelle eines Ausbaus der Führung. Torschütze war erneut Julius Biada, der damit seine ersten Saisontreffer erzielte.

2. Halbzeit – Zwischen Genie und Wahnsinn

Die zweite Hälfte war ein Ebenbild des ersten Durchgangs. Die Bochumer kamen aus der Pause und strahlten direkt Torgefahr aus. Zum wiederholten Male ging der VfL mit zwei Toren in Führung. Die Blau-Weißen behielten sogar die Kontrolle über das Spiel. Bisher gaben sie diese zu einem solchen Zeitpunkt immer ab und stellten auf eine reaktive Spielweise um.

Der gesamte Auftritt war derart überlegen, dass die Geschehnisse am Ende kaum jemand erwarten konnte. Der SV Sandhausen holt erneut zwei Tore auf und glich aus. Die Tore entstehen aus zwei Handelfmetern. Nach vier torlosen Partien in Folge erzielt Sandhausen vier Treffer in Bochum. Wahnsinn.

Plädoyer – Ultras raus?

Es gibt, denke ich, niemanden, der nicht von der Thematik um Dietmar Hopp, dem DFB und Deutschlands Ultraszenen mitbekommen hat. Eine Anteilnahme der Bochumer war zu erwarten. Immerhin ist die Freundschaft zu den Bayern kein Geheimnis und die stehen derzeit sogar im Mittelpunkt der Debatte. Als ein solches Spruchband erschien, machten auch Gegenstimmen auf sich aufmerksam. Beleidigungen gehören sich nun mal nicht. Das ist vollkommen richtig.

Leider sorgt ein großer Teil der Sportberichterstattung, angeführt von BILD, SKY und Sport1, nicht gerade für eine Aufklärung, sondern heizt die Gemüter weiter an. Sie behandeln die Beleidigung, welche für Aufmerksamkeit sorgen sollte, aber befassen sich nicht mit den Hintergründen. So werden die bekannten Schubladen bedient, in denen die Ultras zum Bösen stigmatisiert werden. Die Folge sind eben jene „Ultras Raus“-Rufe.

Man muss schon suchen, um Artikel zu finden, die mehr als nur diese Oberfläche ankratzen. Hierzu sei der Kommentar der „Zeit“, als auch der des Spiegels zu empfehlen. Weitere Informationen erhält man ebenso durch diesen Twitter-Thread. Nach einem tieferen Einblick ist die Sachlage gar nicht mehr so eindeutig. Wie so oft, macht man es sich mit einer Unterteilung in „gut“ und „böse“ zu einfach.

Bochum, wir müssen reden. Beleidigungen sind zu verurteilen und es ist ebenfalls ein Unding, dass sich das Wort in der Häufigkeit in den heutigen Sprachgebrauch eingebürgert hat. Doch der Großteil von uns wird in der Vergangenheit bereits das bekannte Lied gegen den schwarz-gelben Nachbarn gesungen haben. Wer im Glashaus sitzt, der sollte nicht mit Steinen werfen. Zusammenhalt ist wichtig, vor allem im Abstiegskampf. In dem befindet sich nämlich eine Mannschaft, die den Gegner kontrolliert, vier Tore schießt und trotzdem nicht die maximale Punktzahl mitnimmt.

Der VfL braucht gerade die Unterstützung einer geschlossenen Front – bestehend aus Dir, deinen Freunden, deinem Nebenmann im Stadion und auch den Ultras.

Autor: Janik Aschenbrenner

In meinem Freundeskreis dreht sich alles um die Blau-Weißen, für die ich in meiner Jugend selbst die Schuhe schnüren durfte - so kommt es, dass der VfL auch mich nicht los lässt. Durch meine Affinität zur Spielanalyse und Trainingslehre bin ich ansonsten bei Konzeptfußball zu finden. Fußball ist für mich eine Kunstform, die ich mitgestalten möchte.
Twitter: @Janik_Asc / janik.aschenbrenner@einsachtvieracht.de

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