Vom VfL Bochum in die Champions League (Qualifikation) – Interview mit Marc Rzatkowski

Bild: Werner100359 (CC BY-SA 4.0)
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Marc Rzatkowski kam mit acht Jahren zu unserem VfL Bochum und hat dort alle Stationen bis zur Profimannschaft durchlaufen. Nach der Zwischenstation FC St. Pauli läuft er seit 2016 für den österreichischen Serienmeister RB Salzburg auf. Mit Einsachtvieracht spricht er über die Beweggründe seiner Wechsel, die Situation in Salzburg sowie seine Bochumer Vergangenheit.

Wechsel nach Österreich

Bild: Werner100359 (CC BY-SA 4.0)

Hallo Marc, du bist vor einem Jahr nach Salzburg gewechselt, wie gefällt es Dir dort?

Mir gefällt es in Salzburg sehr gut. Es ist zwar eine überschaubarere Stadt als zum Beispiel Hamburg, aber es hat auch seinen Charme.

Was war für Dich ausschlaggebend für den Wechsel?

Es gab viele Gründe für einen Wechsel, obwohl ich mich auf St. Pauli total wohlgefühlt habe. Der entscheidende Punkt war für mich wahrscheinlich, dass ich hier internationale Erfahrungen sammeln kann. Die Chance in der Champions League/Euro League zu spielen, hat für mich einen besonderen Reiz. Außerdem ist es eine Ehre für mich gewesen, wenn der beste Verein eines ganzen Landes dich in seiner Mannschaft haben möchte.

Im Vergleich zur zweiten Liga in Deutschland, wie schätzt du die österreichische Bundesliga leistungstechnisch ein?

Ich denke, dass Mannschaften wie Rapid und Austria Wien oder Sturm Graz auch eine sehr gute Rolle in Deutschland spielen würden. Prinzipiell schätze ich die zweite Liga in Deutschland aber ein bisschen stärker ein.

Situation in Salzburg

Im Vergleich zu Traditionsvereinen wie Bochum oder St. Pauli sieht man Salzburg aufgrund des Sponsorings von Red Bull in der Fanszene eher kritisch. Wie stehst Du zur Kritik am Engagement Red Bulls?

Es gibt auch viele andere Vereine, die von Sponsoren oder einzelnen Personen sehr stark finanziell unterstützt werden. Das ist in der heutigen Fussballwelt etwas ganz Normales und nicht wegzudenken. Meiner Meinung nach wird bei Red Bull aber viel weitsichtiger und zukunftsorientierter gedacht als bei manchen anderen Vereinen. Hier wird verstärkt in die Zukunft investiert. Schon allein unsere Red Bull Akademie für die Jugendspieler ist bemerkenswert. Hier haben unsere zahlreichen Talente die besten Voraussetzungen auf höchstem Niveau. Sie können sich perfekt weiterentwickeln und sie erhalten jegliche Unterstützung, das Potential, das in ihnen steckt, vollkommen auszuschöpfen.

Du hast in Deiner Karriere schon mit Trainern alter Schule wie Peter Neururer und Ewald Lienen zusammengearbeitet. Aktuell wirst Du von zwei so genannten „Laptoptrainern“ trainiert. Sind die Unterschiede so groß wie man vermutet? Was können die Einen von den Anderen lernen?

Jeder Trainer hat seine eigene Philosophie, Erfahrungen und Ideen vom Fussball. Deshalb vergleiche ich sie ungern miteinander. Ich versuche einfach, so viel wie möglich von jedem Einzelnen dazuzulernen. Außerdem waren Ewald Lienen und Peter Neururer keine klassischen Trainer der „alten Schule“ – so wie man es vielleicht vermutet. Sie haben sich weiterentwickelt. Sie sind sehr modern und offen für neue Dinge. Kein Mensch lernt jemals aus. Übrigens habe ich es sehr genossen, mit diesen beiden Trainern zusammenzuarbeiten.

Wünschst Du Dir, irgendwann nach Deutschland zurückzukehren, und eventuell sogar in der ersten Bundesliga Fuß zu fassen?

Ich bin für vieles offen im Leben. Grad im Fussball kann man nicht so viel planen, weil alles sehr schnell gehen kann. Das macht es auch spannend. Momentan bin ich froh und dankbar in Salzburg zu sein.

Entwicklung als Fußballer

Bild: Werner100359 (CC BY-SA 4.0)

Du hast in Deiner Karriere schon auf dem Flügel gespielt sowie alle zentralen Mittelfeldpositionen besetzt. Wo fühlst Du Dich am wohlsten?

Am liebsten fühle ich mich im zentralen Bereich.

Spieler wie Bastian Schweinsteiger und Toni Kroos haben eine ähnliche Entwicklung genommen. Ist die Position im Zentrum eine Frage der fußballerischen Reife bzw. Entwicklung?

Es ist eine sehr verantwortungsvolle und einflussreiche Position, daher wird eine gewisse fussballerische Reife gefordert. Je mehr Erfahrungen man sammelt, desto abgeklärter und leichter lässt sich die zentrale Position spielen. Prinzipiell aber unterscheide ich nicht zwischen jung/unerfahren und alt/erfahren. Für mich geht es einfach darum, ob jemand gut ist oder nicht, völlig unabhängig vom Alter.

Vergangenheit VfL

Verfolgst Du die aktuelle Entwicklung des VfL? Wie bewertest Du den Start in die neue Saison?

Wenn ich Zeit habe, schaue ich mir immer die Spiele vom VfL, St. Pauli und Arminia Bielefeld an. Ich denke, dass Bochum einen ordentlichen Start in die neue Saison hatte und traue ihnen Einiges zu (Anmerkung der Redaktion: Das Interview fand am 18. September, also unmittelbar nach dem 6. Spieltag statt). Am liebsten wäre mir natürlich, wenn alle drei Mannschaften aufsteigen würden 😉

Bild: Northside (CC BY-SA 3.0)
Bild: Northside (CC BY-SA 3.0)

Was war damals ausschlaggebend, nicht in Bochum zu verlängern und zum Ligakonkurrenten St. Pauli zu wechseln?

Ich wollte mich verändern und raus aus meiner Komfortzone. Der Schritt weg von zu Hause war natürlich nicht einfach, aber er hat mir geholfen mich noch mehr und schneller weiterzuentwickeln.

Es ist dank der sozialen Netzwerke offenkundig, dass du auch mit Ex-Mitspielern vom VfL Bochum noch Kontakt hältst. Mit welchen Spielern tauscht du dich noch regelmäßig aus?

Da gibt es noch einige Kontakte zu Spielern wie zum Beispiel Marcel Maltritz, Matthias Ostrzolek, Kevin Vogt, Chong Tese oder Christoph Kramer. Es ist immer eine schöne Sache, wenn man sich mal wieder sieht. Gegen Leon Goretzka haben wir ja letzte Saison in der Euro League gespielt. Es ist spannend, zu sehen wie jeder seinen eigenen Weg geht und sich weiterentwickelt hat.

Matthias Ostrzolek ist mittlerweile bei Hannover 96 angekommen. Gebt ihr euch untereinander Ratschläge bzw. tauscht euch aus, wenn es um die Entscheidung für einen neuen Verein geht?

Matthias zählt zu meinen engsten Freunden. Wir sind zusammen aufgewachsen und waren diesen Sommer erst zusammen im Urlaub. Wenn ich Rat brauche, kann ich ihn jederzeit danach fragen und mache es dann auch. Andersrum ist es natürlich genauso.

Dein ehemaliger Mitspieler/Freund Kevin Vogt führt die Hoffenheimer derzeit als Kapitän an und musste wie Du das Scheitern in der Champions-League Qualifikation miterleben. Wie sehr schmerzt das wiederholte Ausscheiden?

Es war natürlich bitter und schmerzt auch eine zeitlang. Vor allem, wenn man so eng ausscheidet und wenn man aus seiner Sicht es mindestens genauso verdient gehabt hätte wie die gegnerische Mannschaft. Aber im Fussball muss man schnell abhaken können und sich dann auf die neuen Ziele fokussieren. Ich hoffe, dass wir diese Saison in der Euro League für viel Aufsehen sorgen können.

Ausblick

Wie sehen Deine Ziele für die Zukunft aus?

Mich ständig weiter zu verbessern und vor allem auch weiterhin Spaß daran zu haben. Das Wichtigste ist natürlich die Gesundheit.

Wo glaubst Du landet der VfL am Ende dieser Saison?

Die zweite Liga ist sehr ausgeglichen. Da kann wirklich jeder gegen jeden gewinnen. Ich hoffe und traue es dem VfL auch zu, dass sie oben mitspielen und aufsteigen können. Das hätte der Verein, die Stadt und die Fans verdient.

Vielen Dank für das Interview, Marc!

Einige Eckdaten zu Marc Rzatkowski

Geboren am 2. März 1990 in Bochum

Stationen: SV Langendreer (1993-1998), VfL Bochum (1998-2011), Arminia Bielefeld (2011/12), VfL Bochum (2012/13), FC St. Pauli (2013-2016), Red Bull Salzburg (seit 2016)

Größe: 1,72 m

Starker Fuß: links

Vertrag bis: 30.06.2020

Quelle: Transfermarkt.de

Autor: Tobias Wagner

Ich bin seit meinem fünften Lebensjahr Fan des VfL. Die Hochzeiten des Vereins mit den beiden UEFA-Cup Teilnahmen habe ich in meiner Jugend live miterlebt. Von da an war klar - für mich gibt es nur den VfL. Die Jungs von Spielverlagerung weckten meine Begeisterung für die Taktikanalyse. Auf erste Taktikanalysen, die noch direkt an den VfL versendet wurden, folgte der Blog "Blau-weiße Taktikecke". Später wurde ich dann selbst Autor bei Spielverlagerung und Trainer verschiedener Jugendmannschaften (U14-U16). Meine Begeisterung für Fußball, Training, taktische Raffinessen und statistische Spielereien möchte ich nun hier mit Euch teilen.

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