Inventur des Kaders – Wer kann gehen und wo ist noch Bedarf?

Musste Anfang 2018 gehen - Christian Hochstätter Foto: Tim Kramer (Tremark Fotografie)

Die ersten Neuzugänge stehen fest und so langsam ist zu erkennen welche Spielsysteme Gertjan Verbeek für die neue Saison favorisiert. Mit 33 Spielern ist der Kader noch enorm groß. Es scheint unvermeidlich, sich von ein paar Spieler trennen zu müssen. Doch auch auf  der Zugangsseite gibt es für höhere Ziele noch Bedarf. Wir analysieren die Verteilung des Kaders auf die Positionen in den verschiedenen Systemen und leiten daraus potenzielle Zu- und Abgänge ab.

Auf seiner Webseite führt der VfL aktuell (Stand. 30.6.2017) 33 Spieler. Davon dürfen nur noch Tom Baack und Ulrich Bapoh als 1999er-Jahrgänge bei der U19 spielen. Ohne Verletzungen müssten also 15 Spieler ohne Kadernominierung auskommen. Unzufriedenheit scheint vorprogrammiert und auch die Kosten sind unnötig hoch. Da der VfL unter Gertjan Verbeek jedoch meist viele Verletzte zu beklagen hat, sollte jede Position mindestens doppelt besetzt sein. Von daher macht es Sinn, sich die Verteilung der Spieler auf die einzelnen Positionen in Verbeeks bevorzugten Spielsystemen anzusehen.

Zuordnung der Spieler des aktuellen Kaders zu den Positionen Verbeeks bevorzugter Spielsysteme. Die Alternativen sind geordnet. Klammer geben den Einsatz in einer Nebenposition an.

Torhüter – Aus 4 mach 3

Mit vier Torhütern besitzt der VfL ein Überangebot auf dieser Position. Manuel Riemann (28 Jahre alt) ist als Kapitän der Mannschaft gesetzt. Seine überambitionierten Ausflüge durch den Strafraum kompensiert er mit guter Arbeit am Ball und teils absurden Freilaufbewegungen für seine Mitspieler, für die ihn insbesondere Taktikfreaks wie ich lieben. Mit Martin Kompalla (24) und Felix Dornebusch (22) stehen im Notfall zwei Vertreter auf Augenhöhe parat. Florian Kraft (18) ist ein Toptalent, er schnuppert aber erst einmal ein wenig Luft bei den Profis, da er nicht mehr in der U19 spielen darf. Für mich macht es Sinn, Kraft dieses Jahr zu verleihen und Kompalla nach Auslaufen seines Vertrags am Ende der Saison abzugeben. Dornebusch hat noch einen Vertrag bis 2019 und wird von mir aufgrund seiner Bochumer Vergangenheit und seines etwas jüngeren Alters bevorzugt.

Abwehrreihe – Hipster-Bubies als Backup für die Führungsspieler

In der letzten Woche konnte der Verdacht aufkommen, dass Verbeek auch diese Saison auf drei Innenverteidiger-Typen in der Abwehrreihe setzt. So kann er seine Führungsspieler Felix Bastians (29), Patrick Fabian (29) und Tim Hoogland (32) gemeinsam auf ihren stärksten Positionen aufbieten und verfügt über eine gute Absicherung für deren mannorientiertes Spiel mit viel aggressivem Herausrücken. Das System hat jedoch das Problem, dass der VfL neben diesem Trio mit Tom Baack (18) und Maxim Leitsch (19) und nur noch über zwei weitere Innenverteidiger im Kader verfügt, die selbst noch in der U19 spielen könnten oder dieser gerade entwachsen sind. Die beiden sind für ihr Alter zwar schon extrem weit und mit großartiger Technik und taktischer Übersicht ausgestattet, ob sie jedoch schon das Niveau für regelmäßige Einsätze in einer Zweitligamannschaft mit Aufstiegsambitionen haben ist zumindest fraglich. Aus diesem Grund mussten letzte Saison auch Sechser wie Anthony Losilla (31) oder Außenverteidiger wie Nico Rieble (21), Timo Perthel (28) und Jan Gyamerah (28) in der Abwehrreihe aushelfen. Insbesondere Losilla wird jedoch als Sechser dringend gebraucht, und auch Gyamerah würde dem aktuellen Kader weiter vorne besser helfen (siehe weiter unten im Text).

Foto: Tim Kramer (Tremark Fotografie)

Mit Pawel Dawidowicz hat den VfL sogar noch ein ausgeliehener Innenverteidiger wegen zu hoher Ablöseforderungen verlassen. Gyamerah wurde wohl auch deshalb in den Tests als rechter Halbverteidiger eingesetzt und wird von mir in der Grafik auch dort eingeplant. Sollten sich Optionen ergeben, einen spielstarken Innenverteidiger im besten Fußballeralter zu verpflichten, wäre dies in Hinblick auf das 3-4-1-2 als Grundsystem sicher gut investiertes Geld und würde den jungen Spielern Zeit für dosierte Einsätze und eine langsamere Gewöhnung an den Profifußball geben.

Außenverteidiger und Wingbacks – Viele Kandidaten, aber anspruchsvolles Profil

Im 3-4-1-2-System sind die offensiven Außenverteidiger oder Wingbacks allein für die ganze Außenbahn verantwortlich. Sie müssen gegen den Ball in der Abwehrreihe mitarbeiten und mit dem Ball die Breite besetzen – immer mit dem Ziel, zur Grundline für Flanken durchzubrechen. Mit Danilo Soares (25), Timo Perthel (28) und Jannik Bandowski (23) verfügt der VfL auf der linken Seite über ein ausreichendes und hochwertiges Angebot. Alle drei Spieler haben Stammplatzambitionen und sind von Ihrem Profil recht ähnlich, wobei Danilo sicher der flexibelste Spielertyp ist. Da sie auch nur bedingt für andere Positionen in Frage kommen, macht es Sinn, sich (zumindest temporär) von einem der drei zu trennen. Bleibt Danilo zu Saisonbeginn fit und auch Bandowski kann überzeugen, könnte gar Perthel aufgrund seines Alters nach auskurierter Verletzung ein Verkaufskandidat sein. Ansonsten könnte überlegt werden, Bandowski zu verleihen, damit dieser bei einem anderen Zweit- oder Drittligaverein Spielpraxis sammeln kann.

Bei den Aushilfskandidaten Nico Rieble (21) und Marco Stiepermann (26) müssen entweder im offensiven (Rieble) oder im defensiven (Stiepermann) Bereich Abstriche gemacht werden. Stiepermann kann auch auf vielen anderen Positionen eingesetzt werden und wird dort später noch ausführlich diskutiert. Ein Transfer des aus Hoffenheim gekommenen Außenverteidigers könnte jedoch nach Auskurierung seines Knorpelschadens angedacht werden. Wird kein Innenverteidiger mehr verpflichtet, könnte Rieble mittelfristig als Backup für die Innenverteidigung aufgebaut werden. Laut seines Profils auf Transfermark ist die Innenverteidigung seine Nebenposition und Rieble wurde von Verbeek dort bereits eingesetzt. Ich sehe ihn dort jedoch nicht stärker als Leitsch, so dass ich in Rieble einen potenziellen Abgang sehe.

Foto: Tim Kramer (Tremark Fotografie)

Auf der rechten Seite sieht die Situation anders aus. Nur Stefano Celozzi (28) erfüllt das Profil. Die Alternativen Tom Weilandt (25), Alexander Merkel (25) und Selim Gündüz (23) sind entweder überhaupt keine klassischen Flügelspieler (Weilandt, Merkel) oder defensiv aufgrund des Stellungsspiels und der Zweikampfführung mit Risiken behaftet (Gündüz). Da Celozzi zuletzt auch verletzungsanfällig war, würde eine Verstärkung auf dieser Position Sinn machen. Gelingt es stattdessen, einen weiteren Innenverteidiger zu verpflichten, könnte Jan Gyamerah (22) für diese Position freigemacht werden, der eine echte Alternative zu Celozzi darstellt, dabei jedoch völlig andere Qualitäten mitbringt. So ist Gyamerah defensiv robuster und offensiv durchschlagskräftiger, während Celozzi taktisch flexibler, kreativer und somit im Aufbauspiel stärker ist.

Im nach rechts gedrehten 4-2-3-1 wird das Ungleichgewicht zwischen den beiden Flügelpositionen etwas ausgeglichen. Der rechte Flügel wird von einem Mittelfeldspieler bearbeitet und durch den Außenverteidiger abgesichert, so dass die defensiven Schwächen von  Gündüz und Weilandt nicht so sehr zum Tragen kommen. Auf der tiefen Außenverteidigerposition stehen hingegegen Gyamerah und Celozzi als gleichwertige Alternativen parat. Die linke Seite wird hingegen vom offensiven Außenverteidiger abgedeckt, so dass die oben beschriebenen Anforderungen an den Wingback auf diese Positionen übertragen können. Dementsprechend stehen auch im nach rechts gedrehten 4-2-3-1 ausreichend Alternativen zur Verfügung. Bleibt es jedoch beim 3-4-1-2 und Gyamerah wird in der Abwehrreihe eingeplant, sollte auch über die Verpflichtung eines rechten Wingbacks nachgedacht werden. Selim Gündüz wäre dann ein Abgangskandidat. Ähnliches gilt auch für Weilandt und Merkel, sollten sie keine Plätze auf anderen Positionen finden.

Zentrales Mittelfeld – Kampf um die Schaltzentrale

Das zentrale Mittelfeld ist die Konstante der Systeme. Da nur außen herum gedreht wird, sind die Positionen im Zentrum in beiden System stabil. Es gibt den zentralen tiefen Sechser, den nach links versetzten, etwas offensiveren Achter und den Zehner, der entweder als Spielmacher oder als hängende Spitze agieren kann. Die Dichte an hochwertigen Kandidaten steigt dabei in Richtung der offensiveren Positionen an.

Als Sechser ist Anthony Losilla (31) gesetzt. Er erfüllt das Profil, die Räume vor der Abwehr zu sichern, notfalls Lücken in der Abwehr zu stopfen und als sicherer Ballverteiler zu agieren, mit wenigen Ausnahmen sehr zuverlässig. Zum Glück ist der Franzose so gut wie nie verletzt. Hinter ihm wird es nämlich eng. Die direkten Positionsalternativen Dominik Wydra (23) und Russell Canouse (22) konnten sich bisher nicht aufdrängen. Wydra deutete damals in Paderborn sein Potenzial durchaus an, konnte es ihn Bochum jedoch nur einer handvoll Spiele, und auf der Achterposition, andeuten. Deswegen gibt es momentan auch Gerüchte, die eine Trennung vom Österreicher vorhersagen. Canouse wirkt technisch und taktisch zu limitiert, um auf dieser für Ballverluste und die defensive Balance kritischen Position, eine echte Alternative zu werden. Hier macht eine Abgabe aus meiner Sicht ebenfalls Sinn.

Die weiteren Alternativen Vitaly Janelt (19) und Tom Baack (18) sind noch sehr jung und wurden von Verbeek bisher auf anderen Positionen eingesetzt. Beide besitzen jedoch riesiges Potenzial. Janelt hat auf der Acht gezeigt, dass er über alle benötigten Attribute verfügt. Ihn sehe ich als erste Alternative für die Sechs. Auch Tom Baack konnte in der deutschen U17-Nationalmannschaft bereits andeuten, dass er für Zukunft auf der Sechs eingeplant werden könnte. Damit dies eine Option wird, sollte er jedoch in der U19 auf dieser Position Spielpraxis sammeln. Wird Baack für die Innenverteidigung und Janelt für die Acht vorhergesehen, sollte noch ein Kandidat für die Sechs verpflichtet werden. Dann können Canouse und Wydra auch guten Gewissens abgegeben werden.

Auch der Achter ist eine zentrale Position in Verbeeks Systemen. Durch die nach links versetzte Position ist er der zentrale Überladungsspieler, der Offensiv Überzahl erzeugen, Kombinationen anstoßen und das Spiel nach vorne treiben soll. Defensiv ist er die erste Absicherung im Gegenpressing und die zweite Absicherung vor der Abwehr. Wie schon bei der rechten Wingbackposition also ein komplexes Profil, für das der VfL eher Spezialisten als Generalisten zu bieten hat.

Gegen Ende der letzten Saison konnte Vitaly Janelt (19) noch am ehesten alle Punkte erfüllen, wobei er insbesondere in der defensiven Performance als Balleroberer und Umschaltstation bestach. Der junge Leihspieler kommt jedoch grad erst aus einer Knieverletzung und wird unter Umständen auch auf der Sechs gebraucht, so dass auch die Alternativen stimmen müssen. Die erste Alternative zu Janelt ist weiterhin Marco Stiepermann (26), der jedoch auf dieser Position noch nicht wirklich überzeugen konnte. Sein defensives Umschaltspiel ist katastrophal und auch in den offensiven Disziplinen bleibt er hinter den (hohen) Erwartungen zurück. Ihn würde ich deshalb lieber auf der Zehnerposition sehen oder sogar abgeben. In Testspielen wurde Alexander Merkel (25), der in der letzten Saison noch auf dem rechten Flügel verheizt wurde, ebenfalls auf der Acht getestet. Dort konnte er offensiv überzeugen, wurde defensiv jedoch nicht getestet. Hier ist offen wie gut er diese Anforderungen erfüllen kann. Seine Einsätze in tieferen Mittelfeldpositionen in Italien machen diesbezüglich etwas Hoffnung. Ansonsten wäre auch er ein Kandidat für einen Abgang.

Durch die Spieler, die von anderen Positionen kommen, kann Verbeek die Acht je nach Gegner auch passend ausrichten. Thomas Eisfeld (24) und Görkem Saglam (19) bringen Spiel- und Kombinationsstärke ein. Tim Hoogland (32) überzeugt durch bärenstarkes Gegenpressing und durchschlagskräftige Läufe in die Tiefe.

Die Zehnerposition hat ebenfalls ein komplexes Anforderungsprofil. Grad im 3-4-1-2 muss der Zehner die komplette Horizontale abdecken, die Verbindungen zwischen dem tiefen Aufbau und den Stürmern herstellen und selbst aus der Tiefe gefährlich werden. Bekommt er im 4-2-3-1 kreative Unterstützung vom Linksaußen, muss er zudem Räume für dessen Einrücken schaffen und diesen kombinativ unterstützen. Gegen den Ball ist er der zentrale Balleroberer in der zweiten Linie und wichtig für die Balance zwischen den raumorientierten Stürmern und der manndeckenden Verteidigung. Dementsprechend bieten auch die Kandidaten für diese Position die unterschiedlichsten Profile.

Foto: Tim Kramer (Tremark Fotografie)

Thomas Eisfeld (24) ist unumstrittener Stammspieler auf dieser Position. Bei der Rückkehr nach seiner Verletzung zeigte sich wie wichtig Eisfeld für das Spiel des VfL Bochum ist. Anstatt langer Bälle gab es wieder einen konstruktiven Aufbau mit schönen Aktionen im zweiten Spielfelddrittel. Er ist nicht nur kreativ und spielstark, sondern zeigt er auch mit guten Läufen aus der Tiefe seine Torgefahr.

Diese zeichnete auch seinen Vertreter während der Verletzung Johannes Wurtz (25) aus. Die aus Fürth gekommene Entdeckung der letzten Saison ist jedoch kein kreativer Ballverteiler. Er zeichnet sich durch die harte Arbeit gegen den Ball und gut getimte Läufe aus der Tiefe aus. Der Wunsch nach schönen, dominanten Fußball sowie die guten Leistungen von Wurtz auf der Linksaußenposition lassen mich jedoch auf eine kreativere Besetzung der Zehnerposition hoffen.

Foto: Tim Kramer (Tremark Fotografie)

In diesem Fall wären Görkem Saglam (19) und Kevin Stöger (23) die ersten Vertreter. Saglam fehlen dabei noch die Weiträumigkeit und die Balleroberungsqualitäten, wobei er als Vorbereiter vielleicht sogar einen Tick besser ist als Eisfeld. Stöger wäre ebenfalls eine interessante Option, vor allem im 3-4-1-2, wo es seine kreativ einrückende Linksaußenposition nicht existiert. Er ist ebenfalls tororientiert, stark zwischen den Linien und ein guter Vorbereiter. Zudem ist er ein harter Arbeiter gegen den Ball. Es wäre sehr interessant, ihn mal im 3-4-1-2 auf dieser Position zu sehen. Ähnliches gilt für Alexander Merkel (25), der als weiträumiger Zehner in vergleichbaren Spielsystemen in Italien überall zu finden war. Dort konnte er durch schönes Kombinationsspiel, starke Dribblings und nachstoßende Läufe in den Strafraum überzeugen. Leider hatte er beim VfL bisher nicht die Möglichkeit, zu zeigen, ob er dazu immer noch in der Lage ist.

Marco Stiepermann (26), Tom Weilandt (25) und Ulrich Bapoh (19) bringen noch einmal besondere Stärken auf dieser Position mit. Durch die leicht nach rechts versetzte Position, kann Stiepermann bei inversen Aktionen seinen starken linken Fuß einbringen. Zudem ist er durch seine Wucht eine interessante Option für nachrückende Aktionen in den Strafraum (siehe Vidal oder Schweinsteiger). Er wäre deshalb für mich insbesondere im 4-2-3-1 eine Option, wo der kreative Part durch den Linksaußen unterstützt wird, so dass in Ballbesitz quasi mit Doppelzehn agiert wird. Dieses Setup ist auch die bevorzugte Umgebung für Youngster Bapoh, der seine Stärken im Bewegungs- und Kombinationsspiel hat und ebenfalls bereits über gute Durchschlagskraft verfügt. Weilandt stellt eher die Option feine Klinge dar, da er mit weniger Wucht daherkommt, aber technisch und kombinativ neue Optionen in engen Situationen zwischen den Linien schafft.

Mit sieben Kandidaten hat auch die Zehnerposition Einsparungspotenzial. Alle Kandidaten können jedoch auch auf anderen Positionen eingesetzt werden, so dass für konkrete Entscheidungen zahlreiche Abhängigkeiten bestehen. Eisfeld, Saglam und Stöger müssen auf jeden Fall bleiben. Für Stiepermann und Merkel wäre diese Position die letzte Hoffnung, sich beim VfL noch durchzusetzen. Sieht Verbeek sie dort nicht, dann wäre ein Verkauf die logische Folge. Profiteur dieser Entscheidung wäre Ulrich Bapoh, der damit zu einer echten Alternative würde, und vor allem im 4-2-3-1 über großes Potenzial verfügt. Gelingt das Experiment mit Stiepermann oder Merkel, wäre es eine Überlegung Bapoh zu verleihen, damit er z. B. in der dritten Liga Spielpraxis sammeln könnte.

Sturm – Kreativität vs. Durchschlagskraft

Die beiden offensivsten Positionen in den Systemen des VfL werden von drei verschiedenen Spielertypen besetzt. Die klassischen Mittelstürmer machen Vertikalpässe oder hohe Zuspiele fest und legen diese auf die nachrückenden Mitspieler ab. Zudem sind sie in der Box für die Abschlüsse zuständig. Die hängenden Spitzen sorgen durch viele Läufe für dauerhaften Stress bei den Verteidigern, schaffen dadurch Raum zwischen den Linien und bieten ihren Mitspielern Optionen für Pässe in die Tiefe. Sie sind dabei flexibel und können ihre Läufe sowohl aus dem Zentrum als auch von den Flügeln einbringen. Die spielmachenden Offensivspieler sind technisch stark und lassen sich gern in den Raum zwischen den Linien fallen bzw. rücken vom Flügel dorthin ein. Sie können den Ball in engen Situationen gegen mehrere Gegenspieler behaupten und sind starke Vorbereiter.

Foto: Tim Kramer (Tremark Fotografie)

Der Kader des VfL Bochum verfügt über alle diese Spielertypen. Dimitrios Diamantakos (24) verkörpert dabei den klassischen Mittelstürmer. Lukas Hinterseer (26)  und Johannes Wurtz (25) sind vorbildliche hängende Spitzen, wobei Ersterer auch in den typischen Mittelstürmerdisziplinen solide ist. Kevin Stöger (23) stellt den Prototyp des spielmachenden Offensivspielers dar. Peniel Mlapa (26) wurde bereits als Mittelstürmer und hängende Spitze eingesetzt. Als Mittelstürmer ist er jedoch zu wechselhaft in seinen Ablagen und Ballbehauptungen, so dass er dort deutlich hinter Diamantakos und Hinterseer zurückfällt. Als hängende Spitze wirkt er besser aufgehoben, ist jedoch auch dort schwächer als Wurtz und Hinterseer einzuschätzen. Er wäre damit ein potenzieller Abgang. Youngster Vangelis Pavlidis (18) ist eine Kombination aus Mittelstürmer und spielmachendem Offensivspieler. Da diese beiden Profile sonst nur einfach besetzt sind, kann er in dieser Saison eine wichtige Alternative darstellen. Chaik Gkaloustian (19) ist auf der Seite des VfL als Mitglied des Profikaders geführt, da er in dieser Saison nicht mehr in der U19 spielen darf. Sollte er perspektivisch eine Option für die Rolle des spielmachenden Offensivspielers darstellen, wäre eine Leihe anzustreben. Ansonsten wäre auch ein Abgang eine Option, da der VfL schon über sehr viele Spieler dieses Typs verfügt. Tom Weilandt (25) wäre einer dieser Spieler, für den eine Rolle als spielmachender Stürmer eine Möglichkeit wäre, seine technischen Stärken und noch besser auf den Platz zu bringen und seine Rolle als unauffälliger Topscorer der Vorsaison zu bestätigen.

Wie auf fast jeder Position, wird auch in der Sturmreihe Marco Stiepermann (26) ein eigener Absatz gewidmet. Als rechter Stürmer im 3-4-1-2, kann er wie auch als Zehner im 4-2-3-1 weiträumig den rechten offensiven Halbraum besetzen und dort seinen starken linken Fuß sowie seine Wucht Richtung Tor einbringen. Wenn man den Einkauf aus Fürth noch nicht abschreiben möchte und auf der Zehn Eisfeld bevorzugt, wäre die Offensivposition seine letzte Chance. Setzt er sich durch, wäre Tom Weilandt nach dem Kauf eines neuen Wingbacks für rechts ein zusätzlicher Kandidat für einen Abgang.

Fazit

Der aktuelle Kader ist groß und flexibel wie nie. Der Artikel gibt eine Übersicht über die Komplexität und die Möglichkeiten, die durch die Flexibilität der aktuellen Spielergenerationen entstehen. Die Empfehlungen für die Zu- und Abgänge, die im folgenden zusammengefasst werden, stellen meine persönliche Meinung dar und können natürlich nicht mehr komplett in dieser Saison umgesetzt werden. Sie sind eher als Bewertung des aktuellen Stands und der möglichen Entwicklung über die nächsten 1-2 Jahre hinweg zu sehen.

Ein Überangebot gibt es insbesondere im Tor, auf der linken Außenverteidigerposition, auf der Zehn und für die linke Offensivposition (Stürmer im 3-5-2, hoher Flügelspieler im 4-2-3-1). Dementsprechend wären Florian Kraft bzw. Martin Kompalla, Nico Rieble, einer aus Timo Perthel und Jannik Bandowski, Alexander Merkel, Chaik Gkaloustian und Peniel Mlapa Kandidaten für einen Abgang oder eine Leihe. Damit würde der Profikader bei 27 Spieler stehen, was immer noch relativ groß ist.

Obwohl die Sechs eigentlich nicht breit besetzt ist, wären auch Dominik Wydra und Russell Canouse Kandidaten für einen Abgang. Ersterem scheint die Motivation zu fehlen, während Zweiterer nicht die notwendigen technischen und taktischen Begabungen nachweisen konnte. Durch den Abgang der beiden könnte Platz für einen zusätzlichen Sechser geschaffen werden.

Das Szenario zwei Alte für einen neuen Spieler bietet sich auch auf der rechten Wingbackposition an. Selim Gündüz fehlt nach seinen Verletzungen etwas die Dynamik und Konstanz sowie die Genauigkeit beim Flanken. Tom Weilandt scheint auf der Position ebenfalls falsch aufgehoben. Ein weiterer Spieler, der in der Lage ist, die defensiven und offensiven Anforderungen zu erfüllen, könnte das Niveau der Mannschaft hier noch anheben.

Mit nun 25 Spielern wäre so grad noch Platz für einen weiteren Neuzugang. Dieser sollte idealer Weise als rechter Innen- und Halbverteidiger spielen können, um Gyamerah für die rechte Wingbackposition freizumachen und in der Abwehr zusätzliche Alternativen zu schaffen.

Autor: Tobias Wagner

Ich bin seit meinem fünften Lebensjahr Fan des VfL. Die Hochzeiten des Vereins mit den beiden UEFA-Cup Teilnahmen habe ich in meiner Jugend live miterlebt. Von da an war klar - für mich gibt es nur den VfL. Die Jungs von Spielverlagerung weckten meine Begeisterung für die Taktikanalyse. Auf erste Taktikanalysen, die noch direkt an den VfL versendet wurden, folgte der Blog "Blau-weiße Taktikecke". Später wurde ich dann selbst Autor bei Spielverlagerung und Trainer verschiedener Jugendmannschaften (U14-U16). Meine Begeisterung für Fußball, Training, taktische Raffinessen und statistische Spielereien möchte ich nun hier mit Euch teilen.

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